Whale Watching

Die Justus-Liebig-Universität in Gießen ist auf Walfang gegangen und hat einen wirklich dicken Fisch an Land gezogen. Pardon, der Wal ist natürlich ein Säugetier und kein Fisch, das muss der Ordnung halber gesagt werden – soweit geht die künstlerische Freiheit dann doch nicht. Am Montag kam der Kadaver eines Pottwals in Gießen an, eine stinkende Angelegenheit wie Augenzeugen bzw. Nasenzeugen berichten.

Eine übelriechende, aber keineswegs anrüchige Angelegenheit, denn der Wal wurde nicht von skrupellosen Walfängern harpuniert, wie manch ein Tierfreund jetzt bangen mag. Leider lag der Pottwal zusammen mit einem knappen Dutzend Artgenossen tot an der Nordseeküste. Einfach so angespült.

Und da glaubte Robert Habeck, Umweltminister in Schleswig-Holstein, kurz zuvor beim Neujahrsempfang der Grünen im Landtag noch, ein markantes Unterscheidungsmerkmal zwischen Hessen und Schleswig-Holstein gefunden zu haben: „Wir haben keinen Flughafen, dafür tote Pottwale an unserer Küste.“ Von wegen, jetzt liegt also auch einer in Mittelhessen. Von Helgoland nach Gießen, was eine Reise!

Jetzt soll der 15 Meter lange Großwal präpariert und später in einem Hörsaal der Hochschule ausgestellt werden. In einem großen Hörsaal vermutlich. In diesem Fall ist die Ausrede „Nur zu Forschungszwecken“, die vor allem japanische Walfänger vorbringen, wenn sie jedes Jahr aufs Neue hunderte Wale abschlachten, doch tatsächlich mal richtig.

Wie so etwas aussehen könnte, lässt sich bereits im Heimatland des grünen Ministers Habeck anschauen: Wen es mal nach Tönning im Kreis Nordfriesland verschlagen sollte, der kann im dortigen „Wattforum Multimar“ ein solches Pottwal-Skelett anschauen. Mit 17,5 Metern sogar noch größer als der Gießener Moby Dick. Das dortige Exemplar lag übrigens auch tot an der Küste, schon 1997.

Gänzlich unbestätigten Gerüchten zufolge wurde nach dem Gießener Fang im Umweltministerium von Priska Hinz in Wiesbaden bereits an einer Meldung gefeilt, die die Überschrift trug: „Nach Wolf, Luchs und Biber jetzt auch der Pottwal wieder zurück in Hessen – Grüne Umweltpolitik wirkt!“ Bis, ja bis ein der Meeresbiologie kundiger Mitarbeiter die Ministerin darauf hinwies, dass der Pottwal nie in Hessen heimisch war. Darauf verschwand das Papier im Mülleimer.

Besagter Umweltministerin Hinz zürnen die hiesigen Jäger übrigens immer noch wegen ihrer seit Jahresbeginn geltenden neuen Jagdverordnung. Wenn sie schon die Verordnung nicht verhindern konnte, so wollte die „Jägervereinigung Oberhessen“ offenbar erklärte Gegner derselben immerhin für eben diese Gegnerschaft loben: Weil sie „ein Herz für Feldhase und Rebhuhn“ gezeigt hätten, überreichte der Vorsitzende der oberhessischen Jäger, Helmut Nickel, dem SPD-Abgeordneten Heinz Lotz und Landtagsvizepräsident Wolfgang Greilich von der FDP den „Goldenen Mümmelmann“. Denn Umweltministerin Hinz habe gegen den Widerstand von SPD und FDP den Fressfeinden des Feldhasen wie Fuchs, Waschbär, Marder und Krähen mit der Verordnung eine extrem lange Schonzeit zuerkannt.

Sollte vielleicht vorsichtshalber noch schnell ein Feldhasen-Skelett zur Uni Gießen gebracht werden?

 

Erschienen Frankfurter Neue Presse vom 20. Januar 2016

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