Da hatte der Präsident der Bundesärztekammer seinen Kollegen aber einen gewaltigen Bärendienst erwiesen. Während zahllose Ärzte wie auch deren Berufsverbände und Fachgesellschaften sich nach Kräften bemühen, ihre Patienten zum Tragen eines Mund-Nasen-Schutzes zu bewegen, setzte sich ihr oberster Standesvertreter Klaus Reinhardt am Mittwochabend in eine Talkshow und zog den Sinn der Gesichtsmasken im Kampf gegen das Coronavirus ganz erheblich in Zweifel.
Fassungslosigkeit, Empörung und eine Rücktrittsforderung von Karl Lauterbach waren die Folge. Die ganz überwiegende wissenschaftliche Meinung lautet inzwischen Ja zur Maske, zahlreiche Simulationen belegen eindrucksvoll die Verbreitung beziehungsweise gerade die Nichtverbreitung der Aerosole beim Tragen der Maske.
Während Ärzteschaft und Politik also unermüdlich für die Einhaltung der sogenannten AHA-Regeln gegen die Verbreitung von SARS-CoV-2 appellieren, säte Reinhardt vor Millionenpublikum bei „Markus Lanz“ Zweifel. Merke: Eines der „A“ steht bekanntlich für Alltagsmaske!
Am nächsten Morgen versuchte die BÄK, die Diskussion mit einer unverbindlichen Pressemitteilung einzufangen. Vergeblich. Erst am Freitagnachmittag setzt die Kammer zu einem echten Befreiungsschlag an. Nach zunächst einer weiteren Pressemitteilung zusammen mit seinen Kritikern, aber ohne ein Mea Culpa, folgt eine persönliche Erklärung Reinhardts, in der er die Irritationen über seine Aussagen bedauert und den Nutzen der Gesichtsmaske bestätigt. Immerhin eine Einsicht, aber zwei Tage zu spät.
Neben der fachlichen Bewertung war auch Reinhardts Wortwahl mindestens irritierend. Seine sinngemäße Aussage „Einst Vermummungsverbot, jetzt Vermummungsgebot“ rückte das Maskentragen sprachlich in den Ruch des Radikalen, sie diskreditierte die Maßnahme gar.
Allesamt Aussagen des BÄK-Präsidenten, die Corona-Leugner, „Querdenker“ und AfD dankbar aufnehmen und darum einem erfahrenen Funktionär nicht passieren dürfen. Da möchte man die Maske am liebsten auch noch über die Ohren ziehen, um derlei nicht hören zu müssen.