Hessen wählt, Merkel geht

Sprachbilder aus der Natur haben dieser Tage anlässlich der Landtagswahl in Hessen mal wieder Hochkonjunktur. Was böte sich angesichts der fulminanten Entwicklungen – nicht nur in Wiesbaden – auch besser an, die Sprachlosigkeit über so manches Ergebnis mit meteorologischen und tektonischen Begrifflichkeiten zu überdecken? So schrieb Ministerpräsident Volker Bouffier den gewaltigen Stimmverlust seiner CDU in Hessen dem „Orkan aus Berlin“ zu. Sein ebenfalls arg gebeutelter Herausforderer Thorsten Schäfer-Gümbel bemerkte für seine gerupften Genossen, es habe „nicht nur keinen Rückenwind, sondern regelmäßig Sturmböen aus Berlin ins Gesicht“ gegeben.

Am Montag registrierten viele Journalistenkollegen dann wiederum ein „politisches Erdbeben“ in Berlin: Angela Merkel gab den baldigen Verzicht auf den CDU-Parteivorsitz und den nicht ganz so baldigen Verzicht auf Kanzlerschaft, Bundestagsmandat und überhaupt alle politischen Ämter bekannt. Epizentrum dieser Erschütterung: natürlich Wiesbaden. Was die Bayern bei ihrem Urnengang noch nicht vermochten – Hessen wählt und Merkel geht!

Dann schauen wir mal, was die Parteien jetzt so mit dem Wahlergebnis anfangen. Die erste Hochrechnung sah ja am Wahlabend noch Schwarz-Grün mit der knappsten Mehrheit von einem Sitz vorn. Später dann der Auftritt des FDP-Spitzenkandidaten René Rock mit freudigem Strahlen und vor Freude geballten Fäusten: „Ja, der Sitz ist weg! Sie brauchen uns!“. Also CDU und Grüne seine Liberalen für „Jamaika“.

Das war auch noch der Stand als ich um 1 Uhr morgens das Licht ausgeknipst habe. Um dann einige Stunden später wieder mit diesem einen entscheidenden Sitz für Schwarz-Grün aufzuwachen. Wie sagte der weise Mann der Grünen, Tarek Al-Wazir, um kurz nach Sechs: „Wie immer in Hessen weiß man um 18 Uhr noch nicht wie es ausgeht.“

Kommen wir jetzt zum Punkt Populismus. Nein, nein, ich meine nicht die AfDler. Die sind ja mit 13 Prozent in den Landtag eingezogen und stehen wahrscheinlich immer noch auf ihrer Wahlparty und grölen die Nationalhymne.

Nein, ich meine die Kassenärztliche Vereinigung Hessen, die den Wahlausgang mit einem kruden Vorschlag garniert. Da wegen vieler Überhang- und Ausgleichsmandate der hessische Landtag von 110 auf 137 Abgeordnete wächst, will der KV-Vorstand die Gesamtsumme der Abgeordneten-Diäten gedeckelt sehen: Die zusätzlichen Parlamentssitze sollten finanziert werden, indem die dafür notwendigen Kosten durch Abzüge bei den Diäten der übrigen Abgeordneten erzielt werden.

So sei es bei den Arzthonoraren nämlich auch, beklagen die KV-Bosse: Mehr zugelassene Ärzte – wie von der bösen Politik doch gewollt – bedeuteten, dass das Honorar der Gesamtgruppe nicht linear angehoben würde, sondern von den anderen Kollegen bezahlt werden müsste. Wie Du mir, so ich Dir. Quasi.

Eigentlich sagt der KV-Vorstand alles Nötige dazu selbst: „Es ist klar, dass dieser Vorschlag wahlweise einen Aufschrei und den Vorwurf des Populismus auslöst oder als unqualifizierte Äußerung abgetan werden wird.“

So ist es. Da brauche ich gar nichts mehr ergänzen und verabschiede mich für heute.

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