Narhallamarsch

Einzug der närrischen Abordnung aus Hessen im Bundeskanzleramt in Berlin: Das Prinzenpaar René I. und Birgit I. aus Marburg ist gestern mitsamt Hofstaat bei Bundeskanzlerin Angela Merkel vorstellig geworden. Und das nicht aus Jux und Dollerei, sondern in offizieller Mission. Die beiden Fastnachtsadeligen vertraten ganz Hessen, wohl um ein wenig Frohsinn in den zähen Berliner Regierungsalltag zu bringen. 

Davor gab es offenbar so eine Art närrisches „Germany’s next Topmodel“: Aus mehr als 500 hessischen Karnevalsvereinen ist ausgerechnet der Marburger Club ausgewählt worden, um in die Hauptstadt zu reisen. „Es ist für uns alle eine besondere Ehre, die hessische Delegation in Berlin zu vertreten“, freut sich Markus Braun, ein Mann mit tollen Titeln. Er ist „Präsident des Festausschusses Marburger Karneval“ und „Bezirksvorsitzender der Interessengemeinschaft Mittelrheinischer Karneval 1946“.

Noch so ein Titel und der Mann könnte im Alleingang das närrische Dreigestirn bilden.

Aus jedem Bundesland ist ein Prinzenpaar nach Berlin gereist, wo sich Bundeskanzlerin Merkel sich für jedes Duo „Zeit für ein paar Worte und ein Gruppenbild“ nimmt, wie uns die Stadt Marburg wissen lässt. Damit sage die Kanzlerin „Danke“ für den großen ehrenamtlichen Einsatz und die Verbreitung von Frohsinn in oft ernsten Zeiten, stellvertretend für alle Karnevalsvereine in Deutschland. Aha, duffdäh!

Bei der Vorstellung der Delegation im Marburger Rathaus muss es auch schon total lustig zugegangen sein. Denn dabei, so schreibt die Stadt, „ließ es sich der Oberbürgermeister nicht nehmen, auch zu Karneval ein Zeichen zu setzen: OB Spies betrat das Magistratszimmer mit einer roten Clownsnase“.

Mit einer roten Clownsnase, haha, stellen Sie sich das doch mal vor, haha, ich weiß gar nicht, ob ich mir vor Lachen den Bauch halten oder Tränen lachen soll, haha. Na, rote Clownsnase passt ja zu der roten Socke, denn bei „OB Spies“ handelt es sich um Thomas Spies, bis Ende November noch Landtagsabgeordneter in Wiesbaden und dort Vize-Chef der SPD-Fraktion.

Der Prinz René I. übrigens, „dessen Berufung das Singen ist“, wie uns die Stadt auch noch wissen lässt, hat eine CD für die Berlin-Reise aufgenommen mit dem Titel „Einmal Prinz zu sein in Marburg an der Lahn, davon träume ich seit Jahrn“. Duffdäh! Von Berlin geht es für das Prinzenpaar gleich weiter nach Wiesbaden – am Samstag empfängt Ministerpräsident Volker Bouffier alle hessischen Tollitäten im Biebricher Schloss.

Bouffiers Justizministerin ist zur Fastnacht auch wieder aufgetaucht. Eva Kühne-Hörmann, so urteilte jüngst die eigentlich seriöse Nachrichtenagentur dpa, „ist in ihrem überschaubaren Ressort praktisch in der Versenkung verschwunden. Gelegentlich meldet sie sich noch in Zeitungsinterviews zu Wort.“

Duffdäh! Aber jetzt ist sie wieder sowas von da: Am Sonntag war sie bei „Nordhessen feiert Karneval 2016“ in Baunatal, am kommenden Wochenende bei der „10. Grün-Goldenen Nacht der Karnevalsgesellschaft TSC Herkules Kassel 1960“ und bei der „Karnevalsveranstaltung der Gemeinschaft Kasseler Karnevalsvereine“.

Gut, ist jetzt alles eher in ihrer Heimat Kassel als am Arbeitsplatz in Wiesbaden, aber trotzdem: Darauf ein dreifach donnerndes Helau!

 

Erschienen Frankfurter Neue Presse vom 27. Januar 2016

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