Was Ordentliches gelernt

Hoffentlich geht das gut! Hessen schickt 1000 Polizisten nach Hamburg. Die hiesigen Einsatzkräfte sollen dort den G20-Gipfel absichern und ihren Teil dazu beitragen, „die Sicherheit und Ordnung (…) zu gewährleisten“, wie Innenminister Peter Beuth mitteilt. „Sicherheit und Ordnung gewährleisten“ – das hat ja mit den Berliner Kollegen nicht ganz so gut geklappt, wie die Vorkommnisse der vergangenen Tage gezeigt haben. Sauf- und Sexorgien, eine Kollegin nur im Bademantel mit Pistole auf dem Tisch tanzend – das wird gemeinhin eher nicht mit „Sicherheit und Ordnung gewährleisten“ assoziiert.
Aber denken wir positiv und gehen zunächst mal davon aus, dass Hessens Polizisten ohnehin besser erzogen sind als die Berliner und sie das Innenministerium in Wiesbaden außerdem sicherlich mit deutlichen Mahnungen in die Hansestadt geschickt hat, sich anständig zu benehmen. Die kann man wohl schicken …

Aus gegebenem Anlass aber mein vorsichtiger Hinweis: Man kann nicht jeden Hessen unbesorgt irgendwohin schicken! Siehe Peter Tauber aus Gelnhausen, der in Berlin den CDU-Generalsekretär gibt. Der hat sich gerade mit einem fatalen Satz im Kurznachrichtendienst Twitter ins Abseits geschossen. Auf die Frage eines Nutzers zum Thema Vollbeschäftigung und Gerechtigkeit, ob er nun drei Minijobs annehmen müsse, antwortete Tauber: „Wenn Sie was ordentliches gelernt haben, dann brauchen Sie keine drei Minijobs.“

Ah ja. Das ist dumm, unüberlegt und zynisch, was der Mann da abgelassen hat. Die Erzieherin, die Krankenschwester, der Altenpfleger haben ganz sicher was Ordentliches gelernt. Nur – obwohl wir ihnen unsere Kleinen, Schwachen und Alten anvertrauen – bezahlen wir sie so schlecht, dass viele nur mit zusätzlichen Minijobs über die Runden kommen. Tauber blieb aber auch nach den ersten empörten Reaktionen uneinsichtig: „Fakt ist doch: Nur mit einer guten Ausbildung verdient man genug damit man nicht drei Mini-Jobs braucht, um über die Runden zu kommen!“, legte er nach. Stimmt im Grundsatz natürlich, aber sind erwähnte Erzieherin, Krankenschwester, Altenpfleger etwa nicht „gut ausgebildet“? Unfassbar, der Typ! Selbst gelernter Historiker, jetzt Bundestagsabgeordneter. Zählt der Zusatzposten als Generalsekretär eigentlich als Minijob?

Was Ordentliches gelernt hat auch Kai Klose. Der Landtagsabgeordnete und Grünen-Landesvorsitzende ist Gymnasiallehrer. Und schwups, ganz nach Taubers Karriere-Credo, wird er jetzt Staatssekretär. Und zwar im Sozialministerium für die Themen Integration und Antidiskriminierung. Eine nachvollziehbare Wahl, sein jahrelanger Kampf für Schwulenrechte prädestinieren ihn für dieses Amt. Und eines darf man sicher annehmen: So unauffällig – bis hin zur Bedeutungslosigkeit – wie sein Vorgänger Jo Dreiseitel wird der umtriebige Klose sein Amt ganz bestimmt nicht ausüben.

Und noch einer wird Staatssekretär, der wirklich was kann: Martin Worms als Nachfolger von Bernadette Weyland im Finanzministerium. Seit einer gefühlten Ewigkeit sehe ich den Mann schon neben wechselnden Finanzministern sitzen, zunächst Karlheinz Weimar, jetzt Thomas Schäfer: Immer dann, wenn es kompliziert wird, bei den Vorstellungen des Landeshaushalts beispielsweise. Ruhig, gelassen, sachkundig, mit jeder Ziffer des gigantischen Zahlenwerks vertraut, immer zur Stelle, wenn der Minister ins Stocken gerät.
Den kann man auch schicken …

 

Erschienen Frankfurter Neue Presse vom 5. Juli 2017

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