Immer drauf, auf die EZB

Da hat „Die Welt“ aber einen Knaller hingelegt am Montag. Oder vielleicht doch nicht? FDP droht mit Klage gegen die EZB warnt das Blatt auf Seite 1 und zitiert – ja wen wohl sonst -, Jörg-Uwe Hahn! Der ist ja immer für eine schrille Idee gut. Mein persönlicher Favorit ist immer noch sein weit vor der Energiewende ausgesprochener Vorschlag, zum Schutz vor Terrorangriffen mit Flugzeugen, das Atomkraftwerk Biblis mit Windrädern zu umstellen.

Hessens FDP-Chef also, so schreibt die Zeitung, habe die Bundesregierung aufgefordert, eine Klage gegen die Europäische Zentralbank (EZB) wegen deren Anleiheankäufen einzureichen und zwar vor dem Europäischen Gerichtshof. Die Europäischen Verträge ließen dies zu, wird der Mann zitiert, der es wissen sollte: Ist er doch nicht nur Justiz- sondern auch Europaminister.

Aus dem fernen Berlin ist zwei Tage später hierzulande noch nicht angekommen, dass die Kanzlerin sofort ihre Rechtsgelehrten an die Abfassung einer solchen Klageschrift gesetzt hätte, aber in Wiesbaden schlug die Empörung sofort hohe, nein höchste Wellen.

Der Tonfall der Schmähschriften, Pressemitteilungen genannt, verschärfte sich beträchtlich. Die Linken kamen über die etwas abgegriffene Idee mit dem Nachnamen zu spielen nicht hinaus: Wenn der Hahn kräht auf dem Mist… SPD-Chef Thorsten Schäfer-Gümbel hingegen sprach von einem Stück aus dem Tollhaus, der Grünen-Vorsitzende Tarek Al-Wazir attestierte Hahn einen erschreckenden ökonomischen Unverstand.

Ob die beiden Oppositions- und Möchtegern-Regierungspolitiker am Wochenende zusammen auf einem Feuerwehrball versumpft sind? Dies wäre zumindest eine Erklärung, warum beide voller Inbrunst im Jargon der Brandlöscher schwelgen. Die Euro-Krise werde immer bedrohlicher, weil der unzweifelhaft von Griechenland selbst verursachte Schwelbrand im kleinen griechischen Zimmer des großen europäischen Hauses nicht gleich im Frühjahr 2010 entschlossen gelöscht wurde, schreibt Al-Wazir. Nur deshalb habe ein offenes Feuer entstehen können, das nach und nach auf immer mehr Länder übergreife. Nun erklären sich die Mitverursacher des Flächenbrandes, nach Ansicht der Grünen nämlich die FDP, auch noch zur Feuerwehr. Schäfer-Gümbel rollt den Schlauch gekonnt weiter aus: „Mir scheint es, als rufe hier jemand laut Feuer und sperre zugleich die Feuerwehrzufahrt ab.“

Wir empfehlen den Linken dringend, sich mehr um Feuerwehr-Themen zu kümmern, als immer nur den Kapitalismus zu verteufeln, dann könnten sie auch so schöne Brandszenarien beschreiben.

Aber zurück zur Welt und damit auch wieder zu den vielen Aufgeregten in Wiesbaden. Das war doch bittschön gar nichts Neues, was der Hahn da von sich gegeben hat! Pressemitteilung Nummer 371 aus dem Justizministerium vom 25. November vorigen Jahres: Hessens Justizminister Jörg-Uwe Hahn vor Syndikus-Anwaltstag in Frankfurt: Bundesregierung soll die EZB verklagen. Zack!

Gleiche Begründung schon damals: die Anleiheaufkäufe der EZB. „Ich habe daher kürzlich die Bundeskanzlerin aufgefordert, sich mit einer Klage gegen diese Maßnahmen der EZB zu wenden“, warf sich Hahn laut Mitteilung vor den Advokaten mächtig ins Zeug.

Hat aber damals keinen interessiert. Warum auch immer, weil’s vom Hahn kommt, oder weil gerade alle wegen des Lärms der kurz zuvor eröffneten Nordwestbahn am Frankfurter Flughafen in heller Aufregung waren?

Oder vielleicht wegen des Anlasses? Vor einem Anwaltstag ist das eben nicht so spektakulär wie auf der Titelseite einer überregionalen Zeitung in der Sommerpause.

 

Erschienen Frankfurter Neue Presse vom 1. August 2012

 

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