Es reicht, Sommerpause!

Jetzt mal eine wirklich gute Nachricht: Am Flughafen Kassel-Calden, der neuerdings „Kassel Airport“ genannt werden will, starten in diesen Tagen tatsächlich ein paar Flugzeuge! Gut, jetzt nicht gerade voll besetzte Ferienflieger. Aber immerhin ein paar Transall-Maschinen der Bundeswehr, die Fallschirmspringer zum nahen Edersee fliegen, auf dass die Soldaten dann aus 3500 Metern Höhe abspringen mögen, um die Landung auf dem Wasser zu üben.

Großartig, da brummt’s ja richtig auf dem Provinzflughafen! Wobei die 40 Soldaten nun auch nicht gerade die Duty-Free-Läden leerkaufen werden, da die Route Calden–Edersee nicht als Auslandsflug zählt. Aber immerhin sind mal ein paar Menschen dort oben unterwegs. Hatte Finanzminister und Calden-Aufsichtsratschef Thomas Schäfer am Ende den richtigen Riecher, als er den verlustträchtigen Airport jüngst kurioserweise als „Gewinn für die Region“ bezeichnet hatte?

Wohl doch eher nicht. Ein Blick in den Flugplan ist ziemlich deprimierend: Am heutigen Mittwoch zum Beispiel eine Landung von Palma de Mallorca und ein Abflug auf die Urlaubsinsel. Das wars. Am Donnerstag ebenso, ein Ankunft und ein Abflug von/nach Antalya. Im Winterflugplan keinerlei geplanten Linienflüge. „Dass der verkehrsberuhigte Flughafen Kassel-Calden ,ein Gewinn‘ sei, ist aus dem Munde des obersten Haushälters des Landes eine interessante Feststellung“, meint der Linken-Fraktionsvorsitzende Willi van Ooyen süffisant.

Während der Finanzminister beim Kasseler Flughafen also von großem Langmut und Optimismus geleitet ist, zeigt er sich bei einem anderen Thema sehr viel rigoroser: „Es reicht“, poltert Schäfer angesichts der Zahlen zum Länderfinanzausgleich für das erste Halbjahr. Pro Kopf zahlen die Hessen nach der neuesten Berechnung am meisten in den Mechanismus ein, der Geld von reicheren Bundesländern an ärmere verteilt. Von vier Geberländern an zwölf Nehmerländer, um genau zu sein. 1,9 Milliarden Euro hatte Schäfer in seinem Haushalt ohnehin für diesen Posten vorgesehen, jetzt dürfte er wohl noch eine halbe Milliarde drauflegen müssen.

Eigentlich hat es seinem Vorgänger Karlheinz Weimar auch immer schon gereicht. Der klagte früher ebenfalls stets über „Rekordsummen“, die Hessen einzahlen musste. „Langsam muss da was passieren“, grummelte er zum Beispiel, als 2007 Hessen 3,2 Milliarden locker machen musste.

„Langsam“ ist das entscheidende Wort, denn bis heute liegt lediglich ein Plan zur Änderung der Zahlungsströme auf dem Tisch, beschlossen ist nichts. Da hat der Finanzminister nun aber einen tollen Vorschlag: „Die Sommerpause bietet doch für alle Beteiligten die Gelegenheit, den Kopf frei zu bekommen, um dann mit neuem Schwung eine Lösung dieses nun wahrlich altbekannten und von allen Seiten mehrfach beleuchteten Problems anzugehen.“ Chill mal, dann zahl mal?

Die Linken meinen dagegen, Schäfer solle sich „einfach mal locker machen“. Fraktionschef van Ooyen weist darauf hin, es gebe ja viele Arten den Kopf frei zu bekommen. Die Grünen hätten doch gerade erst Hinweise gegeben, wie zusätzliche Steuereinnahmen aus einer Legalisierung von Cannabis generiert werden könnten…

Ich halte mich jetzt einfach an Schäfers Rat: Ich mache Sommerpause und schaue mal, was so in meinem Kopf passiert!

 

Erschienen Frankfurter Neue Presse vom 27. Juli 2016

Kommentar verfassen

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.

%d Bloggern gefällt das: