Ein Lob aufs Bier

Liest man sich diese Pressemitteilung der Goethe-Universität durch, dann scheint den Frankfurter Forschern ja nicht weniger als eine bahnbrechende Entdeckung gelungen zu sein. Auch wenn sich die Überschrift „Mit Bierhefe wertvolle Fettsäuren brauen“ zugegebenermaßen noch recht dröge liest. Doch die Unterzeile lässt schon Revolutionäres ahnen: „Vorstufe zu neuartigen Biokraftstoffen“. Uh, neuartige Biokraftstoffe!

Als Laie der Chemie wie auch der Biologie versuche ich mal zu erklären, was ich glaube verstanden zu haben. Bei diesen wertvollen Fettsäuren handelt es sich um kurzkettige Fettsäuren, die vor allem in der Kosmetik und der Pharmazie zum Einsatz kommen und bislang aufwendig nur  aus Pflanzen wie der Kokosnuss oder  aus Erdöl gewonnen werden.

Das ist ja schon mal alles garnicht gut. Die Kokospalme ist am Ende in umweltschädlicher Monokultur gewachsen und Erdöl ist heutzutage ohnehin pfui bäh. Die Autos sollen doch auch mit Rübensprit fahren, diesem „E 10“! Den Wissenschaftlern des Instituts für Molekulare Biowissenschaften ist es allerdings laut der Goethe-Uni gelungen, genau solche Fettsäuren mit Hilfe von Hefen „in einem dem Bierbrauen ähnlichen Prozess“ herzustellen. Der dort wirkende Professor Eckhard Boles erklärt das Ergebnis langwieriger Versuche wie folgt: „Damit können wir nun wie beim Bierbrauen anstelle von Alkohol die wertvollen kurzkettigen Fettsäuren produzieren.“

Ich muss bei der Verbindung Bier und Fettsäure instinktiv ja eher an Bierbäuche denken und an T-Shirts, die mit der peinlichen Aufschrift „Bier formte diesen wunderschönen Körper“ über der Wampe spannen. Aber sei’s drum, ich bin ja auch kein Molekularbiologe.
Jetzt kommt das Beste: Diese kurzkettigen Fettsäuren seien auch als Vorstufe von Treibstoffen begehrt, berichten die Wissenschaftler: „Die neue Technologie kann ein Schlüsselschritt sein, um über Hefen einen alternativen Zugang zu neuartigen Biokraftstoffen zu finden, deren Eigenschaften denen fossiler Kraftstoffe nahezu entsprechen.“

Also Bier statt Kohle oder Öl? Autofahren mit Bier? Bier im Motor ist sicherlich sicherer als im Körper des Fahrers. Wobei diejenigen Kritikaster, die den jetzigen Biosprit mit der Begründung verweigern, Essen gehöre auf den Teller und nicht in den Tank, in diesem Fall bestimmt sagen werden, Bier gehöre ins Glas und nicht in den Tank.

Ganz sicher im Glas und nicht in irgendeinem Kraftstoffbehälter wird das neue Bier landen, das jetzt in Homberg an der Efze gebraut wurde. Ein als „Braukollektiv“ auftretendes Trüppchen hat in der Kleinstadt im Schwalm-Eder-Kreis ein besonderes Craft-Bier geschaffen, das anlässlich der diesjährigen Reformationsfeiern treffend „Reformator“ heißt. Und vor drei Jahren bekam Homberg (Efze) von Innenminister Peter Beuth die Erlaubnis, sich „Reformationsstadt“ zu nennen. Nein, wie passend!

Der Deutsche Brauerbund hat übrigens jüngst eine Grafik veröffentlicht, die zeigt, in welchen Bundesländern welche Biersorten bevorzugt werden. Im Ländertrio Hessen, Rheinland-Pfalz und Saarland liegt mit 61 Prozent das Pils glasklar vorne, gefolgt vom Weizenbier (7,9) und – jetzt halten Sie sich fest! – ausgerechnet vom alkoholfreien Bier (7,8). Vom „Reformator“ wurden bloß 200 Liter gebraut – das reicht definitiv nicht für einen Platz unter den Top-Drei-Bieren.

 

Erschienen Frankfurter Neue Presse vom 15. März 2017

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