Das scheint ja jetzt Tradition zu werden, dass ich regelmäßig im Mai an dieser Stelle die Darmstädter Lilien loben muss. Vor zwei Jahren nach den irren Relegationsspielen von Darmstadt 98 gegen Arminia Bielefeld für den Aufstieg in die zweite Fußball-Bundesliga, vor einem Jahr für den glatten Durchmarsch in die erste Liga – und nun hat diese Truppe, der viele den sofortigen Wiederabstieg prophezeiten, die Klasse gehalten.
Besiegelt bereits am vorletzten Spieltag. Respekt! Davon träumt der große Nachbar Eintracht Frankfurt noch. Aber dazu später mehr.
Am Samstag kam die Mannschaft nach ihrem Auswärtssieg in Berlin zunächst gar nicht zurück nach Darmstadt, weil der Flieger in der Hauptstadt nicht starten konnte. Daran trug jetzt mal nicht der Pannenflughafen BER die Schuld, sondern die Fußballer selbst, die so laut gesungen haben, dass kein Mensch sich um die Sicherheitshinweise des Kabinenpersonals kümmerte. Sie wissen schon, wenn die Stewardessen im Gang stehen und so mit den Armen rumwedeln. Da hat der Kapitän kurzerhand den Start verweigert, bis alle ruhig waren und irgendwann verstanden hatten, dass die Linien am Boden zum Notausstieg führen und nicht das Seitenaus markieren.
Wenn es für Ministerpräsident Volker Bouffier doch auch bloß so einfach gewesen wäre bei seiner Dienstreise in die USA. Als es von Wisconsin weiter nach Kalifornien gehen sollte, strandete Bouffier mitsamt 50-köpfiger Entourage am Flughafen in Chicago. Mehr als acht Stunden Wartezeit und drei Fliegerwechsel brachten den Reiseplan gehörig durcheinander. Technische Pannen an den Flugzeugen waren dort das Problem – und nicht, weil die Passagiere so laut das Hessen-Lied geschmettert haben.
Der Ministerpräsident nahm es aber laut Augenzeugen mit Langmut: „Ich hoffe, dass es irgendwann mal klappt. Wir wollen ja Silicon Valley besuchen mit all den tollen Entwicklungen. Und wie so oft: Das Große scheitert manchmal an ganz kleinen Dingen“.
Ja, wie bei der Eintracht große Träume von erneuten Europacup-Spielen daran, dass sie einfach zu schlecht kicken. Wahrscheinlich klappt es ja wenigstens doch noch mit dem Klassenerhalt. Schicksalsspiel am Samstag bei den ebenfalls abstiegsbedrohten Nordlichtern von Werder Bremen!
Marcus Bocklet, Landtagsabgeordneter der Grünen aus Frankfurt und glühender Eintracht-Anhänger, reist am Samstagmorgen mit seinem Sohn („Zug um 7.58 Uhr über Hannover nach Bremen“) extra in die Hansestadt, um „den höchsten Eintracht-Sieg der Saison zu feiern“. 3:0 für Frankfurt, da kennt er keine falsche Bescheidenheit, „und dann feiern wir die ganze Nacht“.
Im Landtag gibt es seit 2009 einen Eintracht-Fanclub, mittlerweile rund 60 Mitglieder stark. Angeführt von SPD-Generalsekretärin Nancy Faeser und Landtagspräsident Norbert Kartmann von der CDU. Parteizugehörigkeiten bleiben außen vor bei der gemeinsamen Liebe zu den Adlerträgern, alle paar Wochen geht es zusammen ins Stadion. Faeser selbst wäre auch zu gerne nach Bremen gereist, muss aber zu Hause auf ihren kleinen Jungen aufpassen. Dass die Eintracht gewinnt, steht für sie jedoch außer Frage – 2:1 tippt Faeser.
Also direkter Klassenerhalt, noch nicht einmal Relegation.
Erschienen Frankfurter Neue Presse vom 11. Mai 2016