Was kostet kalter Kaffee?

Günter Rudolph schaut gerne aufs Geld. Genau deshalb ist er vielleicht Parlamentarischer Geschäftsführer der SPD-Landtagsfraktion. Als solcher zählt er zudem akkurat nach, wie lange die schwarz-grüne Landesregierung zur Beantwortung einer sogenannten Kleinen Anfrage braucht, mit Hilfe derer Rudolph in Erfahrung bringen wollte, wie viel Geld die Landesregierung in den vergangenen drei Jahren für Werbemaßnahmen ausgegeben hat. Das Ergebnis empört Rudolph aufs Höchste: „Die Anfrage vom 12. Januar hätte nach der Geschäftsordnung des Landtags bis Ende Februar beantwortet werden müssen.“ Also: „Seit zwölf Wochen überfällig.“ Das sei kein Einzelfall, „sondern Ausdruck von systematischer Missachtung des Parlaments“. Immer wenn es für die schwarz-grüne Landesregierung kniffelig werde, zögere sie Antworten heraus.

Konkret hatte Rudolph wissen wollen, welche Kosten für Broschüren, Faltblätter, Flyer, Zeitungen und Anzeigen entstanden sind. Anlass für seine Anfrage war eine tatsächlich höchst imposante Hochglanzbroschüre des Wissenschaftsministers Boris Rhein zur Regierungshalbzeit, die wirklich alles bisher Dagewesene an Druckwerken aus der Landesregierung getoppt hatte. Die habe allein über 30.000 Euro verschlungen, wettert Rudolph unter Berufung auf den Bund der Steuerzahler. „Angesichts der auffälligen Selbstinszenierung der Landesregierung, der kein Anlass zu nichtig ist, um teures Eigenlob zu produzieren, scheint ihr Kostentransparenz peinlich“, folgert Rudolph. Nützt ihm aber auch nichts, die Zahlen hat er trotzdem nicht!

Ja, wenn denn die Landesregierung wenigstens Tolles zu verkünden hätte, mag manch geneigter Leser denken, dann wären entsprechende Werbungskosten doch eventuell in Ordnung?

FDP und Linke sehen das allerdings ganz anders. Anlässlich der jüngsten Pressekonferenz des Wirtschaftsministers zu geplanten Schienenprojekten in Hessen höhnte Jürgen Lenders von der FDP, „Marketing-Minister Al-Wazir“ wolle eine Auflistung alter Maßnahmen als großen Coup verkaufen. In Wahrheit befänden sich die Projekte teilweise schon seit einer halben Ewigkeit in der Planung. „Immerhin ist die Chuzpe des Ministers, zu einer Pressekonferenz ohne jeglichen Neuigkeitswert einzuladen, schon beinahe beachtlich“, so Lenders.

Auch Linken-Fraktionschefin Janine Wissler war nicht von Al-Wazirs Auftritt überzeugt: „Der Minister hat heute mit viel Tamtam kalten Kaffee angepriesen.“ Die meisten der präsentierten Maßnahmen stammten aus dem mittlerweile rund 15 Jahre alten Maßnahmenpaket ,Frankfurt Rhein-Main Plus‘.

Ein PR-Flop also? Naja, zumindest ist eine Pressekonferenz nicht so teuer wie Rheins Hochglanz-Bravo. Da wird nämlich noch nicht mal kalter Kaffee serviert.

Ganz toll klingt auch das Wochenendvergnügen der Grünen: „Zukunftskongress #hessen2025“. Dort haben 150 Mitglieder das Hessen entwickelt, „das wir uns für das Jahr 2025 wünschen“, so die Landesvorsitzenden Daniela Wagner und Kai Klose. Mehr Gerechtigkeit, Ökologie und Weltoffenheit kämen allerdings nicht von allein, „dafür braucht es uns Grüne und unsere Ideen“.

Und natürlich eine schmissige Werbekampagne! Aber bitte auf die Kosten achten.

 

Erschienen Frankfurter Neue Presse vom 24. Mai 2017

Kommentar verfassen

Diese Seite verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden..