Die Problemlöser

Also die Krim-Krise dürfen wir seit Montag getrost als entschärft betrachten – Kriegsgefahr gebannt, den lupenreinen Demokraten Putin im Kreml zur Räson gebracht. Jetzt nicht, weil Alt-Kanzler Schröder seinem guten Freund Wladimir mit der Besetzung der zur Ukraine gehörenden Halbinsel etwas verschwurbelt ein völkerrechtliches Vergehen attestiert hat. Nein, vielmehr mangelt es in Hessen nach wie vor an echten landespolitischen Themen, beziehungsweise die alten kommen immer wieder auf den Tisch und werden nach Debatte (wenn überhaupt) weiter ungelöst in die Schublade gepackt, und deshalb schauen sich Hessens Polit-Größen nach anderen Betätigungsfeldern um.

Und da hat der bedeutende CDU-Landtagsabgeordnete Tobias Utter sich den nach Meinung vieler bedeutendsten Konflikt seit Ende des Kalten Krieges ausgesucht. „Hessen unterstützt eine friedliche Lösung des Konflikts in der Ukraine“, verkündet der sogenannte europapolitische Sprecher seiner Fraktion. Hört, hört, man hört das erleichterte Aufatmen der Krimtartaren ganz deutlich bis nach Wiesbaden!

„Die Geschehnisse auf der Krim dürfen wir nicht einfach ignorieren oder gar verharmlosen“, erklärt Utter, und wir spüren förmlich, wie Putin alarmiert aufmerkt. „Auch von Hessen muss das klare Signal ausgehen, dass wir als Demokraten keine gewaltsame Lösung und völkerrechtswidrige Durchsetzung von Machtansprüchen  akzeptieren können“, stellt der ukrainepolitische Sprecher Utter unmissverständlich klar, und wir sehen Putin bereits nach der weißen Fahne greifen. Um das alles ganz offiziell zu machen, gibt es extra eine „Aktuelle Stunde“ im Landtag mit dem Titel „Hessen unterstützt eine friedliche Lösung – Ukraine braucht weiterhin Solidarität und Geschlossenheit aller Demokraten“.

Also wird der wackere Utter mit dem Papier auf die Krim entsandt, verkündet auf dem dortigen Maidan den Inhalt besagter Landtagsdrucksache 19/173, und schon ziehen sich die russischen Soldaten – die ja laut Putin gar keine russischen Soldaten sind, sondern „prorussische Kräfte“, die ihre Uniformen im Militaria-Fachgeschäft gekauft haben, haha – in ihre Kasernen zurück.

Ja, so einfach kann die Welt sein. Fairerweise muss dazu gesagt werden, dass Putin ja ohnehin schon durch eine weitere hessische Sanktion angeschlagen war: Sportminister Peter Beuth nämlich hat seine Reise zu den  Paralympics nach Sotschi abgesagt, diesem Teil 2 der Putin-Festspiele. „Meine Absage geht einher mit dem diplomatischen Handeln der Bundesregierung. Die Sportminister werden hier aus der Bundessolidarität nicht ausscheren“, ließ der CDU-Mann wissen. Aha, richtig so! Utter, Beuth, das sind die Kerle, die klare Kante gegen den Iwan zeigen – wo ist eigentlich Obama, dieser alte Zauderer?

Nicht ganz so weit hat es Finanzminister Thomas Schäfer verschlagen. Er war dienstlich auf der Computermesse Cebit in Hannover. Schäfer ist jetzt nämlich nicht mehr nur Hessens oberster Kassenwart, sondern auch oberster EDV-Verwalter. Sie wissen schon, diese Abteilung, die einem bei Computerproblemen stets rät, den Rechner doch einfach mal runterzufahren und dann die Taste Neustart zu drücken.

Schäfers entsprechender Titel ist natürlich hochtrabender: CIO, steht für Chief Information Officer, ausgesprochen Tschief Informäischn Offisser. Diese Bezeichnung kommt aus dem angelsächsischen Wirtschaftsleben. Da kann sich Schäfer schon mal für höhere Weihen warmlaufen, denn über dem CIO steht dann der CEO, der Chief Executive Officer. Der Big Boss also, oder auf landespolitische Verhältnisse übersetzt – der Ministerpräsident.

 

Erschienen Frankfurter Neue Presse vom 12. März 2014

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