Bevor das Jahr zu Ende geht, muss ich doch noch mal eine Landtagsabgeordnete würdigen, die einfach viel zu wenig Präsenz in den Medien bekommt. Und dabei hat sie uns doch immer wieder ganz, ganz wichtige Dinge mitzuteilen. Als Angelika Löber, die verbraucherschutzpolitische Sprecherin der SPD-Landtagsfraktion, im November 2014 das Hessenland aufrüttelte mit der Warnung „Die Ausbreitung der Ambrosie muss endlich wirksam bekämpft werden“, da dachte ich mir: Das wird der Shooting Star der hessischen Politik im Jahr 2015.
Nun, da lag ich genauso falsch wie all die übrigen Wahrsager mit all ihren nicht eingetroffenen Weltuntergängen. In die erste Reihe hat Löber es nicht geschafft, die Pollen der Ambrosie verbreiten weiter ihre „aggressiven Allergene“ in Hessen und die Welt existiert immer noch.
Dabei liegt Löber auch das Paranormale: Im Februar warnte sie vor der „Rätselkrankheit“ Paratuberkulose, einer infektiösen, chronischen und vor allem unheilbaren Durchfallerkrankung vornehmlich bei Rindern, Ziegen und Schafen. Die Landesregierung müsse sich für die bessere Erforschung der Krankheit einsetzen.
So ging es in den folgenden Monaten weiter. Wegen der immer verschlungeneren Wertschöpfungsketten vor allem im Bereich der Lebensmittelerzeugung werde eine umfassende und lückenlose Deklarationspflicht über die jeweiligen Herkunftsorte von Lebensmitteln und den darin verarbeiten Zutaten immer wichtiger, mahnte Löber im März und verwies insbesondere auf China, wo so viele Pestizide eingesetzt würden wie in keinem anderen Land der Welt. Die Landesregierung solle sich gefälligst für eine umfassendere Deklarationspflicht einsetzen.
Den Exportweltmeister hat Löber auch im Visier, wenn es um Spielzeug geht: Im November warnte sie „vor den gesundheitlichen Gefahren chemischer Schadstoffe in Spielwaren aus China“ und forderte – strengere Kontrollen. Immerhin stammen laut Löber 85,5 Prozent der nach Hessen aus dem Ausland eingeführten Spielzeuge von dort.
Im Juni wollte sie Auskunft von der Landesregierung über „die Gefahren von Lebensmitteln durch Kunststoffverpackungen“. Denn im Jahr 2008, so erinnerte Löber die Landesregierung, seien „Inhaltsstoffe der Innenbeschichtungen von Babygläschen-Deckeln im Lebensmittel nachgewiesen worden“.
Und dann gibt es ja noch „Glyphosat in der Muttermilch“, wovor Hessen die Verbraucher wirksam schützen müsse, so Löber im Juli. Denn die neuen Ergebnisse und Befunde zur gesundheitlichen Wirkung von Glyphosat seien erschreckend und gäben erheblichen Anlass schnell zu handeln.
Außerdem seien „negative Auswirkungen von Gentechnik-Soja nicht zu unterschätzen und erfordern umfassende Transparenz“, meinte Löber im März. Der „Schadschmetterling Spodoptera“ könne sich darauf besser entwickeln als auf normalem Soja. Ganz alarmierend auch folgender Weckruf Löbers, ebenfalls aus dem März: „Energy Drinks bergen hohes Gesundheitsrisiko – Warnhinweise sind unabdinglich“.
Wie sagte Löber beim Thema Kunststoffverpackungen: „Es geht nicht um Panikmache.“ Also ich für meinen Teil bin jetzt vor lauter Panik froh, dass das verbraucherpolitische Jahr der Angelika Löber erstmal vorbei ist.
Erschienen Frankfurter Neue Presse vom 30. Dezember 2015