Traurige Berühmtheit

Der derzeit berühmteste Hesse – das ist ganz sicher nicht Ministerpräsident Volker Bouffier, auch nicht der Heppenheimer Formel-1-Weltmeister Sebastian Vettel und auch nicht das seltsame Villinger Gesangsduo „Die Amigos“, das seltsamerweise immer wieder Platz1 der deutschen Hitparade belegt. Nein, dieser Titel gebührt zweifelsohne dem Limburger Bischof Franz-Peter Tebartz-van Elst.

Wer zwei Sonntage hintereinander Thema bei Günter Jauch ist, der hats geschafft. Wohin auch immer. Aber es ist ja nicht nur Jauch, der den Bischof in seinen Sabbelrunden würdigt. Deutschlandweit werden im TV inzwischen die Verfehlungen des Limburger Amtsträgers vermeldet, diskutiert und verhohnepiepelt. Längst nicht mehr nur im betulichen Programm des Hessischen Rundfunks zwischen „Hessens schönste Melodien“ (garantiert mit den „Amigos“) und „Hessens schönste Burgen“.

So lud Jauch in der ARD am vorvergangenen Sonntag zum Gespräch mit dem Thema „Protz-Bischof oder Armen-Papst – was will die Kirche wirklich?“. Zeitgleich deckte das „Spiegel TV Magazin“ bei RTL auf: „Limburger Lügenbischof – Tebartz protzt, die Gemeinden sparen“. Einen Tag später wieder die ARD. Jetzt fragte Anne Will: „Der Fall des Bischofs von Limburg – will diese Kirche wirklich bescheidener werden?“

Am vergangenen Freitag widmete Oliver Welke in seiner „heute-show“ im ZDF fast die Hälfte der Sendezeit seinem „Lieblingsbischof“. Der Grobsatiriker nimmt Tebartz ohnehin seit Wochen aufs Korn, Motto: „Leben wie Gott in Limburg“. Im Anschluss machte unmittelbar die Sendung „aspekte“ auf intellektuell: „Die Limburger Residenz – eine Architekturkritik.“

Ja, und am Sonntag dann wieder Jauch mit der Frage „Wozu braucht die Kirche so viel Geld?“. Also, diese Antwort wenigstens ist doch klar: Um eine 31 Millionen Euro teure Residenz für Tebartz-van Elst zu bauen – wozu braucht es denn dazu eine Talk-Show?

Der Hirte des mittelgroßen katholischen Bistums gibt also zu allergrößtem Aufruhr Anlass. Wer hätte das dem lausbubenhaft wirkenden Geistlichen zugetraut, als er im Jahr 2008 auf dem Limburger Domberg ankam? Seine Hirtenrolle legt der Kirchenfürst eher nach der Maxime aus „Ich schere meine Schäflein ganz kräftig, damit ich den allerdicksten Wollpullover bekomme.“ Wer mit drei Millionen geplanter Kosten ins Bauvorhaben startet und mit 31 Millionen Euro (vorläufiger Stand!) rauskommt, braucht sich nicht zu wundern, dass es, sagen wir mal vorsichtig, Gesprächsbedarf gibt.

Immerhin konnte der Bischof nach einem für ihn sicher unstandesgemäßen Flug mit der Billig-Linie Ryanair (im Gegensatz zum Indien-Trip unstrittig nicht First Class!) und nach einer Woche des Schmorens in einem Priesterkolleg in Rom zumindest seinen Gesprächsbedarf beim Papst anbringen. Resultat? Noch unbekannt! Der inzwischen meist etwas verschroben wirkende frühere CDU-Generalsekretär Heiner Geißler hat schon mal einen schmissigen Vorschlag: Ab nach Afrika mit Tebartz-van Elst.

Auch wenn manch Bösmeinender dies vorschnell geglaubt haben könnte: Krank im Kopf ist Tebartz zumindest nicht. Sagt dessen Bruder, Ludger Tebartz-van Elst. Der Freiburger Psychiatrie-Professor bestritt von der „FAS“ aufgebrachte Gerüchte, sein Bruder Franz-Peter leide unter Wahrnehmungsstörungen: „Als Bruder des Bischofs und als Arzt kann ich aufgrund meiner Fachkenntnis und meiner Kenntnis der Biografie meines Bruders klar erklären, dass er weder an einem Asperger-Syndrom noch an einer anderen Variante von Autismus leidet.“

Nun gut, das ist also geklärt. Nur nicht die ganz und gar unheilige Kostenexplosion für den Bischofssitz.

 

Erschienen Frankfurter Neue Presse vom 23. Oktober 2014

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