Hessen rocken Rio

So, zwei Wochen Olympia sind rum, und ich bin nach drei Wochen Sommerpause wieder da. Ich weiß, liebe Leser, ich weiß, das ist ein schwacher Trost. Aber damit müssen Sie jetzt klar kommen, Schluss mit Rio 2016…

Obwohl Sportminister Peter Beuth ja kräftig nachtritt, was das Sportspektakel in der brasilianischen Metropole angeht.

„In der Gesamtschau“ nämlich, da sehe er die Olympischen Spiele ja „kritisch“. Die Stadien und Hallen hätten zum Teil viele leere Plätze aufgewiesen, zudem hätten sich die Brasilianer mitunter auch als ein Publikum erwiesen, das nicht allen Teilnehmern Respekt für ihre Leistung zollt, nörgelte er beim gestrigen Empfang der Rio-Heimkehrer in Frankfurt.

Ja, und überhaupt habe das Internationale Olympische Komitee mit der Starterlaubnis für einen Teil der russischen Athleten einen Fehler gemacht. „Ein kompletter Ausschluss Russlands wäre dagegen das richtige Signal an jene Länder gewesen, die flächendeckend und staatlich gefördertes Doping betreiben.“ Zack, Putin-Bashing vom Feinsten und dem peinlichen IOC-Präsidenten Thomas Bach ebenfalls eins drauf gegeben, auch wenn er den feigen Funktionär nicht namentlich nennt.

Umso mehr freut sich der Sportminister Beuth aber über die hessischen Medaillengewinner. So, und jetzt mal eine richtig gute Nachricht: Auch wenn die deutsche Olympia-Truppe ja insgesamt die Medaillen-Vorgabe ihres Verbandes verfehlt hat, so haben die hessischen Sportler sogar mehr Medaillen geholt als in London 2012.

Doch, doch, damals waren es vier. Dieses Mal acht, wie Beuth gestern betonte und das stimme ihn „sehr positiv“. Sehr positiv? Huh, so sieht echte Euphorie aus!

„Wir haben dank Fabian Hambüchen, Henri Junghänel und Christian Reitz drei Einzel-Goldmedaillen gewonnen, dazu kommen das Mannschafts-Gold der Dressurreiter Dorothee Schneider und Sönke Rothenberger sowie jeweils Team-Bronze für den Springreiter Daniel Deußer und Tischtennis-Ass Timo Boll“, zählt der Minister auf. Und auch an den Erfolgen der deutschen Fußballerinnen um Saskia Bartusiak, Simone Laudehr, Dzsenifer Marozsan und Mandy Islacker sowie des Handballteams mit dem Frankfurter Steffen Fäth hätten hessische Sportler ja tatkräftig mitgewirkt.

Drei aus der Truppe haben übrigens schon vor vier Jahren in London Medaillen geholt: Turner Hambüchen, den Beuth und Ministerpräsident Volker Bouffier nun zum „Vorbild für eine ganze Turnergeneration“ erklären, Timo Boll („großartiger Repräsentant unseres Landes“) und Reiterin Schneider („großartige Botschafterin des hessischen Sports“). Einzig die in England noch mit Bronze behängte Frankfurterin Betty Heidler musste sich in Rio mit dem vierten Platz begnügen.

Kaum zu glauben, aber soviel Großartigkeit wissen Bouffier und Beuth sogar noch zu toppen. Der treffsichere Krifteler Polizeioberkommissar Reitz, der ist ihrer Ansicht nach gar ein „herausragender Repräsentant des Sports und der Polizei“.

Auch wenn laut Beuth die deutschen Schwimmer oder Fechter „noch Luft nach oben haben“, gegen die Schützen ist wohl nichts zu sagen. Neben Reitz hat sich der Odenwälder Junghänel Gold erballert – Sie ahnen es sicher, ein „großartiger Erfolg“.

Ah, diese Jubelpressemitteilungen ich werde sie vermissen!

 

Erschienen Frankfurter Neue Presse vom 24. August 2016

Kommentar verfassen

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.

%d Bloggern gefällt das: