Aus der Fraktionskasse

Waren wohl irgendwie CDU-Tage, die vergangenen Tage, was? Fulminanter Wahlsieg in Schleswig-Holstein auch zur Freude der hiesigen Christdemokraten, ein reibungslos abgelaufener Landesparteitag in Rotenburg, auf dem kräftig über die SPD und ihren Kanzlerkandidaten Martin Schulz abgelästert wurde und dann – ab in den Urlaub, sorry, Klausur heißt das korrekt, nach Kroatien. Bleiben wir zunächst aber noch kurz in Kiel.

Dort hat am Sonntag ein im Rest der Republik weitgehend unbekannter CDU-Herausforderer namens Daniel Günther den amtierenden SPD-Ministerpräsidenten Torsten Albig aus dem Amt gefegt. Und Hessens CDU-Landeschef Volker Bouffier (hier sicher im Ministerpräsidentenamt) frohlockte: „Wenn wir als Union im Wahlkampf überzeugende Persönlichkeiten und unsere Inhalte selbstbewusst in den Vordergrund stellen, dann bauen die Wähler auf uns. Die Menschen vertrauen Persönlichkeiten mit Sachkenntnis und klarem Kurs.“

Aha, ganz ähnlich klang das auch beim Parteitag am Samstag, auf dem die Kandidatenliste für die Bundestagswahl aufgestellt wurde: „Als hessische CDU haben wir ein hervorragendes Angebot an die Wähler. Mit einer kompetenten und verlässlichen Mannschaft für den Deutschen Bundestag werden wir um das Vertrauen der Menschen werben“, gab Generalsekretär Manfred Pentz zum Besten

Ja, gut, das lassen wir jetzt einfach mal so stehen, ist ohnehin alles subjektiv und Geschmackssache. In einem ganz speziellen Fall jedoch waren die Delegierten offenbar selbst nicht so ganz überzeugt, von dem „hervorragenden Angebot“: Hans-Jürgen Irmer, der umstrittene Rechtsaußen aus Wetzlar wurde mit dem schlechtesten Ergebnis aller Kandidaten auf die Bundestagsliste gewählt. Schaffen wird er es trotzdem – aber Vorsicht: In Berlin sind noch weit mehr Flüchtlinge, Muslime und Homosexuelle, gegen die Irmer beständig wettert, unterwegs als in Wetzlar!

Dort nutzt er bekanntlich seine eigene Zeitung „Wetzlar Kurier“ für seine Pamphlete – die intensivst gelesene Zeitung der Opposition auf der Suche nach neuerlichen Tiraden, über die sich aufregen lässt. SPD und Linkspartei wurden auch prompt wieder fündig. Empört waren sie allerdings diesmal nicht über neue Verunglimpfungen, sondern über eine ganzseitige Anzeige der CDU-Landtagsfraktion in dem Blättchen, zu der Irmer ja selbst zählt. Das lege den Verdacht nah, argwöhnt SPD-Chefankläger Günter Rudolph, dass die CDU-Fraktion „das ,rechte Kampfblatt‘ mit Anzeigen finanziell unterstützt“. 5 800 Euro müsste eine solche Annonce laut Preisliste des Kuriers kosten, rechnet Rudolph vor – „aus Fraktionsmitteln und damit im Grunde Steuergeld“.

„Dass in dem von der schwarzgrünen Landesregierung ausgerufenen ,Jahr des Respekts‘ eine Anzeige der CDU-Fraktion in dem rechten Kampfblatt zu finden ist, ist eine Groteske der ganz besonderen Art“, konstatiert die Linken-Fraktionsvorsitzende Janine Wissler. Und dass es sich dabei nicht um Partei-, sondern um Fraktionsgelder handele, sei besonders brisant.

Der Fraktionskasse der CDU hat es wohl nicht geschadet, es war noch genug Geld darin, um die ganze Truppe am Sonntag für fünf Tage zur Klausur nach Kroatien zu fliegen. „Politisch hochspannende Zeit“, meint Fraktionschef Michael Boddenberg, weil „schwere Regierungskrise“ dort. Na, dann mal viel Erfolg als Krisenhelfer!

 

Erschienen Frankfurter Neue Presse vom 10. Mai 2017

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