Irgendwie mit der FDP

So, jetzt also auch in Nordrhein-Westfalen ein Sieg für die Union! Für die Hessen-CDU sind die Wahlerfolge ihrer Kollegen in den anderen Bundesländern offenbar bereits so normal geworden, dass noch nicht mal mehr eigenständige Pressemitteilungen verfasst werden. An den beiden vergangenen Sonntagen erreichten uns nahezu wortgleiche Jubelmitteilungen des Landesvorsitzenden Volker Bouffier, die nach der Freude am eigenen Erfolg jeweils in der Formulierung gipfelten, der „Schulz-Zug ist ohne Power“. Ansonsten Schleswig-Holstein durch Nordrhein-Westfalen ersetzt, Daniel Günther gegen Armin Laschet getauscht – „Herzlichen Glückwunsch“, fertig ist die neue Meldung! Wer will’s den Unionschristen verdenken, wer will schon an tollen Sätzen für die Presseinfo feilen, wenn’s Freibier gibt?

Bei allem Schulterklopfen der Union kam aber am Sonntag nach dem Hinweis auf „unsere überzeugenden Persönlichkeiten und Inhalte“, doch noch die einschränkende Selbsteinschätzung: „Dabei sind wir nie überheblich.“

Liest sich bei der hiesigen FDP übrigens ganz ähnlich in der Stellungnahme zum bemerkenswerten Abschneiden ihrer Parteifreunde in NRW. Wegen des „herausragend guten Wahlergebnisses“ sei er „mit Stolz und einem guten Selbstbewusstsein“ erfüllt, so Hessens Oberliberaler Stefan Ruppert – und jetzt aufgepasst: „Jedoch nicht euphorisch.“

Ach, nicht so zurückhaltend, meine Herren! Rupperts Vorgänger im Amt des FDP-Landesvorsitzenden hätte sich seiner Euphorie gewiss nicht geschämt, falsche Bescheidenheit war Jörg-Uwe Hahns Sache nicht. Der Bad Vilbeler wurde übrigens am Samstag in Wiesbaden für seine 30-jährige Zugehörigkeit zum Hessischen Landtag geehrt und bekam von Ministerpräsident Bouffier bei der Gelegenheit auch noch das Bundesverdienstkreuz verliehen.

Wie Christian Lindner jetzt in NRW, so holte auch Hahn einst das bis dato beste Ergebnis für seine FDP bei einer Landtagswahl. Danach koalierte er mit der CDU und sackte bei der nächsten Wahl auf knappste fünf Prozent ab. Ob Lindner sich deshalb (noch) so ziert, dort mit der Union ein Regierungsbündnis zu schmieden? Aber alles andere geht ja nicht, weil fast alle Parteien irgendeine Konstellation kategorisch ausschließen.

Leute, so klappt das doch nicht! „Irgendwer muss ja das Land regieren“, mahnte mal Baden-Württembergs grüner Ministerpräsident Winfried Kretschmann ganz richtig, als sich dort auch alle zierten und bitten ließen. Und so warnten auch prompt die hiesigen Landesvorsitzenden Daniela Wagner und Kai Klose: „Gerade wir Hessen wissen, dass ,Ausschließeritis‘ abschreckende Wirkung haben kann.“

Sie wollten zwar aus den Ergebnissen ihrer Partei in Schleswig-Holstein und Nordrhein-Westfalen „lernen“, betonten die beiden Parteichefs, aber „unsere Bilanz ist erfolgreich“. Also „weiterhin selbstbewusst für eine grünere und gerechtere Zukunft“ in Hessen, lautet die Devise – „und Zukunft wird aus Mut gemacht“.

Diese Zeile haben die Grünen aus einem alten Nena-Hit geklaut. Angesichts der mageren sechs Prozent in NRW und nur wenig besserer Umfragewerte für die Bundestagswahl mag der eigentliche Liedtitel bezeichnend sein für die Chancen der Grünen: „Irgendwie, irgendwo, irgendwann“.

 

Erschienen Frankfurter Neue Presse vom 17. Mai 2017

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