Noch ein blaues Bapperl

Die Frontscheiben der Autos könnten bald noch bunter werden. Nicht nur, dass es ja schon rote, gelbe und grüne Umweltplaketten gibt, Aufkleber mit der Notrufnummer des Kfz-Versicherers und natürlich die vielen Bapperl und Pickerl mit all den Jahreszahlen der Autobahnvignetten vom Besuch in den freundlichen Nachbarstaaten Schweiz und Österreich, die an all die tollen Urlaube dort erinnern sollen, so dass manche Scheibe schon von der bunten Stickerparade gleichsam wie eingerahmt scheint, nein, jetzt soll nach dem Willen der Landesumweltminister auch noch eine blaue Umweltplakette dazukommen.

Die weist den Wagen dann als besonders stickoxidarm aus. Das hatten wir noch nicht, die roten, gelben und grünen Aufkleber, die der Autofahrer selbstverständlich bezahlen muss, drehen sich um die Feinstaubbelastung.

Immer mit dabei: Hessens Umweltministerin Priska Hinz von den Grünen. Die war auch an Bord, als mehrere Bundesländer jetzt versuchten, eine höhere Dieselsteuer, ein generelles Tempo-30-Limit in Städten und eine Quote für Elektrofahrzeuge durchzusetzen.

Das hat FDP-Fraktionschef Florian Rentsch aufgeregt: „Unter Führung von Umweltministerin Priska Hinz gesellt sich Hessen in die Reihen der rot-grün regierten Länder.“ Hinz’ Kompagnons kamen nämlich aus Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Hamburg und Bremen.

Das geht nach Rentschs Meinung gar nicht, denn Hessen ist ja bekanntlich Schwarz-Grün regiert. Also erwarte er von Ministerpräsident Volker Bouffier eine Klarstellung, „ob die Forderungen der grünen Umweltminister auch die Meinung der hessischen CDU in zentralen verkehrspolitischen Fragen widerspiegeln“. „Oder weiß der Ministerpräsident gar nicht, was seine Umweltministerin da treibt?“, so der autoaffine Liberale.

Naja, das weiß Bouffier wohl schon, er lässt seiner grünen Ministerin nur etwas Leine. Dafür, dass die höhere Dieselsteuer nicht kommt, sorgen schon Bouffiers Unionsfreunde. Die aus Bayern, auf die ist Verlass, denn die wollen ihre großen Autobauer BWM und Audi schützen. „Wir brauchen den Diesel für den Klimaschutz“, begründete die bayerische Umweltministerin Ulrike Scharf von der CSU, „diese Motoren stoßen deutlich weniger CO2 aus.“

Witzige Begründung, oder? Also mehr Rußpartikel und Stickoxid für weniger Kohlendioxid. So hätte ihre hessische Kollegin Hinz eigentlich auch argumentieren können, denn auch sie hat mit Opel in Rüsselsheim ja einen großen Autohersteller im Land.

Richtig gut wird ohnehin erst alles, wenn nur noch Elektroautos über die Straße summen. Klappt nur nicht, die Masse der Automobilisten will weiter Benzin und Diesel statt Strom. Um das zu ändern, hat sich die Landesregierung was Tolles ausgedacht: Über ihre Wirtschaftsfördergesellschaft Hessen-Agentur lässt sie kommunale „eLotsen“ ausbilden. Fürchterliches IT-Denglisch, oder? Der deutsche Ausdruck ist aber auch schlimm: „Elektromobilitäts-Erst-Ansprechpartner“. Diese Leute sollen nach einem fünftägigen Kurs die Kommunen zu Parkplätzen, Aufladestationen und Stromer für den Fuhrpark beraten.

Aber wissen Sie was? Auch für diese Karren werden sich unsere Bürokraten bald Plaketten ausdenken. Für möglichst geringen Elektrosmog-Ausstoß, oder so.

 

Erschienen Frankfurter Neue Presse vom 13. April 2016

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