Kleine Ernährungskunde

Mineralwasser, Wein und Honig. Schnell auf dem Tisch, ohne großes Nachdenken verzehrt. Doch dies ist offenbar ein allzu leichtsinniges Vorgehen, wie verschiedene Landtagspapiere nahelegen.

Beispiel Honig: Die EU-Kommission (wer sonst!) will offenbar die Honigrichtlinie ändern. Was es alles gibt. Und das wollen die Grünen (wer sonst!) nicht. Laut Kommissionsvorschlag wären künftig Pollen ein natürlicher Bestandteil des Honigs, warnt die honigpolitische Sprecherin der Grünen, Martina Feldmayer, in einem Brief an Verbraucherministerin Lucia Puttrich. Damit wäre Honig mit gentechnisch kontaminierten Pollen dann nicht mehr kennzeichnungspflichtig. Umgekehrt müsse es sein, meint Feldmayer. Sprich, Gen-Pollen seien kein natürlicher Bestandteil und müssten folglich kenntlich gemacht werden. Ach, ist das kompliziert. Und ein Honig-Urteil des Europäischen Gerichtshofs gibt es auch noch. Aber das würde wohl jetzt zu weit führen. . .

Beispiel Mineralwasser: Eine Kleine Anfrage des SPD-Abgeordneten Tobias Eckert beschäftigt sich mit der Neuregelung zu nicht-relevanten Metaboliten im Mineralwasser. Der Grund für die Anfrage laut Fragesteller: Der Bund stimmt derzeit mit den Ländern eine Neuregelung zu anthropogenen Einträgen in natürlichem Mineralwasser ab.

Wie bitte, nicht-relevante Metaboliten, anthropogene Einträge? Da bleibt ja der sprichwörtliche Schluck im Halse stecken! Weil das ja nur Chemiker und Biologen verstehen, also nicht ich, hier eine kleine, von Wikipedia gesponserte Aufklärung. Der Metabolit ist ein Zwischenprodukt in einem meist biochemischen Stoffwechselvorgang. Und anthropogen bezeichnet alles durch den Menschen Entstandene, Verursachte, Hergestellte oder Beeinflusste. Alles griechische Begriffe übrigens, müsste uns dies nicht allein schon argwöhnisch stimmen?

Umweltministerin Lucia Puttrich hält sich in ihrer Antwort erst mal zurück und verweist darauf, ein einschlägiges, noch nicht abgeschlossenes Gerichtsverfahren in Baden-Württemberg abwarten zu wollen. Ist es am Ende doch nicht so einfach, wie uns der Mineralwasserhersteller Selters aus Selters stets per TV-Hypnose eingetrichert hat: Ein reines Wasser muss durch einen tiefen Stein?

Dann vielleicht doch lieber ein Schluck Wein. Verlassen wir uns bei der Auswahl am besten auf die Landeswein- und Sektprämierung vom Wochenende im Kloster Eberbach. Da gibt es goldene, silberne und bronzene Plakettchen, die dann auf die Bouteillen geklebt werden dürfen. Eine Preismünze auf der Flasche gebe dem Verbraucher die Sicherheit, dass er einen qualitativ hochwertigen hessischen Wein erwerbe, und diene ihm als wertvolle Entscheidungshilfe beim Kauf, verkündet Landwirtschaftsministerin Lucia Puttrich (ist tatsächlich drei Mal die gleiche Puttrich, die Frau macht alles!).

Wer jetzt aber glaubt, es sei hier wie beim Sport drei auf dem Siegerpodest, die große, weil durchschnittliche Masse geht leer aus , der irrt gewaltig. Von fast 1600 eingereichten Weinen haben nur 200 keine Auszeichnung erhalten. Jeweils mehr als ein Drittel haben die goldene oder silberne Preismünze bekommen. Bei einer solchen Medaillenschwemme will ich gar nicht wissen, was uns das denn bitte über die Qualität der Bronze-prämierten Gewächse erahnen lässt?

Dann vielleicht doch lieber ein Bier. Aber erst bitte ich sicherheitshalber den Abgeordneten Eckert, nachzufragen, wie es mit Metaboliten im Gerstensaft aussieht! Vor allem mit nicht-relevanten.

 

Erschienen Frankfurter Neue Presse vom 31. Oktober 2012

 

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