Jamaika ohne Hessen-Grüne

Gestern Abend suchten CDU, FDP und Grüne in Berlin wieder den richtigen Kurs gen Jamaika. Leicht wird das nicht, wie sich jeder Normalsterbliche ohnehin von ganz alleine denken kann, was zahlreiche Politiker aus den Reihen von Schwarz, Gelb und Grün aber auch bedeutungshubernd immer wieder gefragt oder ungefragt zum Besten geben. Aber es gibt ja Erfahrungswerte auf der Suche nach der Insel der glückseligmachenden Regierungskoalition.
In Schleswig-Holstein beispielsweise hat sich im Sommer ein Jamaika-Bündnis zusammengetan. Und natürlich sitzen am Verhandlungstisch in Berlin nun Vertreter der drei Parteien aus dem Norden der Republik: CDU-Ministerpräsident Daniel Günther, Grünen-Umweltminister Robert Habeck und für die FDP der ohnehin omnipräsente Wolfgang Kubicki.

Immerhin schon mal Grün-Schwarz regiert in Baden-Württemberg, und deshalb kommen von dort selbstverständlich Grünen-Ministerpräsident Winfried Kretschmann und CDU-Innenminister Thomas Strobl hinzu.

Und in Hessen regieren ja auch – allen Unkenrufen zum Trotz – immer noch weitgehend störungsfrei CDU und Grüne seit Anfang 2014 zusammen. Da, wo man sich früher gegenseitig ganz besonders heftig attackierte und sich wechselseitig unterstellte, die konservativste Union respektive die linkesten Grünen überhaupt zu sein. Klar, so sollte man annehmen, würden aus Hessen erfahrene Verhandler nach Berlin entsandt.

Nun, die CDU hat ihren Landesvorsitzenden, Ministerpräsidenten und Grünen-Versteher Volker Bouffier auf die Reise geschickt. Und die Grünen . . . äh, niemanden!

Im Ernst. In der Verhandlungskommission von CDU/CSU, FDP und Grünen in Berlin ist kein einziger Hessen-Grüner dabei. Ausgebootet auf dem Törn nach Jamaika.

Dabei ist es ja nicht so, dass die Partei keine Verhandler in ihren Reihen hätte, die in solchen Verhandlungen Flagge zeigen könnten. Der Landesvorsitzende Kai Klose zum Beispiel, inzwischen Staatssekretär im hiesigen Sozialministerium. Der hatte damals als Politischer Geschäftsführer in überraschend einvernehmlichem Schulterschluss mit dem seinerzeitigen CDU-Generalsekretär Peter Beuth die schwarz-grünen Verhandlungen koordiniert. Oder Tarek Al-Wazir, den früheren Landes- und Fraktionsvorsitzenden, der jetzt stellvertretender Ministerpräsident unter Bouffier ist.

Aber nein. Kein Hessen-Grüner dabei. Ob jetzt keiner eingeladen wurde von der Bundesspitze oder mögliche hiesige Verhandler angesichts des langen Trips von Wiesbaden über Berlin nach Jamaika von der Reisekrankheit befallen wurden – dies überlasse ich jetzt einfach mal jedermanns Spekulation.

Kurios allerdings hört sich die Begründung der Hessen-Grünen an. „In der Sondierungsgruppe sind jetzt schon 14 Leute, wenn alle Länder vertreten sein sollten, wäre die Gruppe ja noch größer“, zitiert die „Hessenschau“ den Grünen-Geschäftsführer Jochen Ruoff.

Dagegen ist rechnerisch nichts zu sagen, aber muss da statt eines Hessen zum Beispiel der schon längst nach Brüssel ins Europa-Parlament weitergereichte Reinhard Bütikofer dabei sein?

Oder, Himmel hilf!, Jürgen Trittin? Trittin! Ja, wenn man das Schiff gen Jamaika unbedingt zum Kentern bringen will, dann, ja dann holt man Jürgen Trittin an Bord.

 

Erschienen Frankfurter Neue Presse vom 25. Oktober 2017

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