Frankfurt. Abgesagt.

Wenn Goethe seine „Italienische Reise“ vor mehr als 200 Jahren mit der Postkutsche geschafft hat, sollte ein Besuch in Hessens Partnerregion Emilia-Romagna heutzutage per Flugzeug doch eigentlich ein Kinderspiel sein, oder? Mitnichten, wie Sie gleich sehen werden.
Mein Ziel war die Stadt Ferrara, auch schon Station von Goethes Italien-Tour und seit 1998 Partnerstadt von Gießen. Der Flug von Frankfurt nach Bologna hat noch reibungslos geklappt. Aber nach vier Tagen im morgendlichen Nebel der Po-Ebene mit nachmittäglichem Sonnenschein sollte es wieder nach Hause gehen. Die Odyssee beginnt.

Am Flughafen Bologna erreicht mich am Nachmittag die Kunde, dass der Flug Bologna–Frankfurt abgesagt wurde. Wie bitte? „Technical reasons“, so die nichtssagende Auskunft am Schalter. Ja, mit was fliegt der denn auch, werden Sie jetzt vielleicht denken? Von wegen Ryanair, oder so, es war die Deutsche Lufthansa.
Die klassische Variante der Umbuchung auf einen anderen Flug scheiterte an mangelnden Plätzen in anderen Maschinen. Zweiter Versuch der Mitarbeiterin: Hotel-Übernachtung in Bologna und Weiterflug am nächsten Tag um 14 Uhr. 14 Uhr? Nee, oder? Das sind ja fast 24 Stunden Wartezeit. Ich bin doch nur knapp 900 Kilometer von Frankfurt entfernt!

Also, noch eine Idee: Was ist mit Köln, von da aus geht doch der schnelle ICE nach Frankfurt? Theoretisch ja, praktisch erstmal nein: Der Flug wäre nämlich mit Germanwings, und mit denen gebe es kein Umbuchungsabkommen, so die Aussage. Ich müsste also den Flug zunächst selbst bezahlen und später versuchen, die Kosten von Lufthansa erstattet zu bekommen.
Nein, danke. Auf den Stress habe ich definitiv keine Lust. Das Groteske an dieser Geschichte: Germanwings gehört zum Lufthansa-Konzern!

Manchmal hilft ja Penetranz: Nach einer gefühlten Stunde am Schalter bekam ich dann doch ein Ticket für den Flug nach Köln. Nur so nebenbei: Mit Verspätung, der Flug startete statt 17.30 erst um 19 Uhr.

In Köln kommt unser zweiter großer Logistik-Konzern ins Spiel: die Deutsche Bahn. Gerade so zur vermeintlichen Abfahrtszeit des ICE am Bahnhof angekommen, fährt in diesem Moment der Zug ein. Auf die Schnelle lese ich „Frankfurt“ auf dem Waggon-Display, also rein – halt, nein! Gerade steigt ein Schaffner aus, den frage ich noch, ob der Zug nach Frankfurt fährt. Blafft der Kerl mich in unfassbar unverschämtem Ton an: „Nein, nach Amsterdam, steht doch drauf.“ Zugegeben, steht auch drauf, aber zuoberst eben Frankfurt.

So nicht! Wie denn sein Name sei, frage ich. Den sage er nicht. Naja, dann solle er mich eben sein Namensschild sehen lassen. „Das zeige ich Ihnen nicht“ – und dreht seinen Jackettkragen so um, dass die angeheftete Plakette verdeckt ist. Auf meinen Hinweis, er müsse mir sein Schild zeigen, lautete seine Antwort tatsächlich: „Kacken muss ich jeden Tag, sonst muss ich gar nichts“. Glückwunsch, Deutsche Bahn, zu solchen Mitarbeitern!

Dass der ICE eine halbe Stunde Verspätung hatte, ist wohl leider schon selbstverständlich, oder? Zuvor kam aber (ebenfalls verspätet) ein langsamerer IC – quasi die Postkutsche der Bahn – an, der ebenfalls nach Frankfurt fuhr. Egal, rein. Hauptsache Zug. Nach einem Sechs-Stunden-Trip schließlich das Ende meiner „Italienischen Reise“, deren Rückflug eigentlich nur eineinhalb Stunden dauern sollte.
So, und jetzt probiere ich mal diese Entschädigungsansprüche aus!

 

Erschienen Frankfurter Neue Presse vom 18. Oktober 2017

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