Hoho, da haben die Jungen den Alten aber mal wieder ordentlich einen eingeschenkt. Also der wackere Parteinachwuchs den Politsenioren. Die Jungsozialisten genauso wie die Jungunionisten.
Ganz hart gingen die Jusos Hessen-Süd mit dem SPD-Bundesvorsitzenden Sigmar Gabriel ins Gericht. Der SPD-Bezirk Hessen-Süd ist ohnehin traditionell weit links verankert, der dortige Parteinachwuchs ist noch einen Schritt weiter. Also beklagt nun Christian Heimpel, Vorsitzender der hiesigen Jusos, Gabriel habe als „Vorsitzender einer internationalistischen Partei“ versagt. „Er hat dabei versagt, die Grundwerte der SPD auf die aktuellen Ereignisse zu übertragen.“
Aktuelle Ereignisse? Heimpel empört sich über seines Parteivorsitzenden Umgang mit Pegida und Co. Auch „viele aufopferungsvoll kämpfende SPD-Funktionäre und -Funktionärinnen“, so barmt der Jungsozialist, trügen den überall größer werdenden Widerstand gegen die patriotischen Europäer, die die Islamisierung des Abendlandes fürchten. „Obskur-abstrakte Ängste der Überfremdung“, nennt dies Heimpel.
Und ausgerechnet, ja ausgerechnet sein Parteichef spreche nun mit Pegida-Demonstranten und gestehe ihnen ein „Recht auf Deutschnationalsein“ zu.
Das ist ja doch zunächst mal sehr demokratisch, wohl sogar sozial-demokratisch, Heimpel hingegen meint, Gabriel „beschämt damit das gesamte Erbe aller sozialdemokratischer Bemühungen um Antifaschismus, Anti-Nationalismus und die internationale Solidarität“. Meine Güte, geht’s noch dicker?
Ja! Der Gabriel blase nämlich mit seinem Verhalten den besagten tapferen SPD-Funktionären und der gesamten No-Pegida-Bewegung „massiv den Wind ins Gesicht“, hat der Juso-Meteorologe festgestellt. Und der Gabriel, das wissen wir ja aus dem Fernsehen, der hat tatsächlich einen dicken Kopf – wenn der die Backen aufbläst, dann kommt schon mächtig Wind…
Gabriels Kopf, so glaubt im Übrigen Juso-Vize Filippos Kourtoglou, ist seinem Besitzer ohnehin etwas abhanden gekommen: „In der Großen Koalition wird Gabriel so oft zum Wendehals, dass er nicht mehr weiß, wo sein Kopf steht.“ Vernichtendes Fazit der Jusos deshalb: „Das ist nicht unser Vorsitzender.“ Im modernen Twitter-Sprech heißt das dann „#notmyVorsitzender“.
Tolle Vorlage für CDU-Generalsekretär Manfred Pentz, doch gleich mal SPD-Chef Thorsten Schäfer-Gümbel einen mitzugeben, den er ja ohnehin für die „beleidigtste Leberwurst in Hessen“ hält und der „an allem rummotzt“. Unter den Augen des stellvertretenden Bundesvorsitzenden und hessischen SPD-Landesvorsitzenden also führe der Parteinachwuchs „schwere verbale Geschütze“ gegen Gabriel auf, so Pentz in scheinheiliger Erschrockenheit, „und Schäfer-Gümbel schweigt dazu“.
Ja, Herrschaften, der schweigt dazu! Ist auch das Beste, was er tun kann, wenn Sie mich fragen.
Aber die Junge Union hat auch was zu motzen. Natürlich nicht gegen deren Parteivorsitzende wie die Jusos. Nein, Mutti Merkel ist sakrosankt. Aber die CDU-Bubis mit den akkuraten Scheiteln und den kunstledernen Aktenkoffern wollen offenbar alle sofort Bürgermeister werden und regen sich deshalb über den Hessischen Landkreistag auf.
Der kommunale Spitzenverband, dem alle 21 hessischen Landräte angehören, hat sich nämlich gegen die Absenkung des Wahlalters für Landräte und Bürgermeister von heute 25 auf 18 Jahre ausgesprochen, wie es Schwarz-Grün im Koalitionsvertrag fordert. Der Hessische Städtetag merkt übrigens auch an, dass ein solches Amt „große Lebenserfahrung“ erfordere, und denkt eher an eine Grenze ab 21 Jahren.
Na, also so was! „Der Hessische Landkreistag verharrt in Altersstarre und scheint Angst vor jungen Ideen zu haben“, poltert der
JU-Landesvorsitzende Stefan Heck. Der ist immerhin schon 32 Jahre alt und Bundestagsabgeordneter. Es sei doch völlig selbstverständlich, dass bei Bundestagswahlen ein 18-Jähriger kandidieren dürfe. Selbst als Bundeskanzler könnten junge Menschen ab dem 18. Lebensjahr gewählt werden. „Dass sie gleichzeitig nicht geeignet sein sollen, als Bürgermeister zu fungieren, erschließt sich uns nicht“, erklärt Heck.
Also, lieber Herr Heck, diesem Argumentationsstrang ist so tatsächlich nicht zu widersprechen. Aber lassen Sie mich mal anders fragen: Wollen wir denn wirklich, dass ein 18-Jähriger Bundeskanzler wird?
Erschienen Frankfurter Neue Presse vom 11. Februar 2015