Daddel-Verbot

Bevor der Hauptgeschäftsführer der Vereinigung der hessischen Unternehmerverbände (VhU) zum Jahresende seinen Arbeitsplatz nach 22 Jahren zugunsten des Ruhestands aufgibt, hat Volker Fasbender noch mal so richtig einen rausgehauen. Mittels einer 15-Punkte-Agenda will er nämlich die Zahl der Langzeitarbeitslosen in Hessen verringern. Das ist ja zweifelsohne löblich, manche seiner Ansätze sind auch durchaus richtig:

Wer wollte schon ernsthaft was dagegen sagen, dass beispielsweise Fähigkeiten und Stärken der Langzeitarbeitslosen besser zur Vermittlung in Jobs genutzt und gesundheitliche Einschränkungen möglichst behoben werden sollen, dass die Zahl der Schulabbrecher verringert und im Bedarfsfall Kinderbetreuung gewährleistet wird oder bei Arbeitslosen mit Migrationshintergrund das Lernen der deutschen Sprache gefördert werden muss?

Den Jackpot schießt Fasbender aber mit Punkt 10 ab: Für arbeitslose Hartz-IV-Empfänger soll ein generelles Spielhallenverbot gelten! Denn „der Besuch von Spielhallen und das Verschwenden von Zeit und Hilfsleistungen beim Glücksspiel sind absolut unvereinbar“ mit der Vorgabe, dass die „Leistungsbezieher alles in ihrer Kraft stehende tun, um ihre Hilfsbedürftigkeit und die ihrer Familie so schnell wie möglich durch Arbeit oder Weiterbildung zu beenden“, meint der strenge Lobbyist.

Deshalb sollten Landesregierung und Landtag das hessische Spielhallengesetz ändern: arbeitslose Hartz-IV-Empfänger müssten in jene Sperrdatei eingetragen werden, die „spielsuchtgefährdete oder überschuldete Personen“ vom Besuch der Spielhallen ausschließt.

Bingo! Dass der eine oder andere „Hartzer“ in der Spielhölle herumhängen mag und stattdessen lieber Sinnvolleres tun sollte, ist klar. Aber eine ganze Gesellschaftsgruppe unter Generalverdacht zu stellen und als potenziell spielsüchtig zu brandmarken, ist schon extrem hoch gepokert.

Oder sogar überreizt, betrachtet man die empörten Reaktionen aus dem linken Lager der Landespolitik. Fasbender bediene Klischees und verunglimpfe Arbeitslose in „unsäglicher Herrenreiter-Mentalität“, wettert Gerhard Merz, sozialpolitischer Sprecher der SPD-Landtagsfraktion. Das Bild „vom faulenzenden Arbeitslosen“, das Fasbender vermittele, sei eine Unverschämtheit und einer verantwortlich agierenden Unternehmerorganisation unwürdig. „Als nächstes warten wir jetzt auf die Forderung nach dem Verbot des Besuchs von Zoos und Vergnügungsparks“, fürchtet Merz.

Überhaupt verströme der 15-Punkte-Plan „den Geist einer bevormundeten, sanktionsorientierten Politik, die weniger gegen Arbeitslosigkeit als vielmehr gegen Arbeitslose gerichtet ist“, meint Merz. Nun, mich erinnert der Plan stark an das Werk, das ein gewisser Peter Hartz für Merz’ Parteifreund Gerhard Schröder während dessen Kanzlerschaft erarbeitet hat. Damit haben ja nach wie vor viele Sozialdemokraten ihre Probleme . . .

„Zynisch“, nennt die Linken-Abgeordnete Marjana Schott Fasbenders Forderung, aber „Kampfansagen an eine breite Mehrheit der Bevölkerung, an Sozialverbände und Erwerbslose seien ja dessen ,Markenkern‘ gewesen“.

Hm, Markenkern. Vielleicht bastelt Fasbender ja gar an seinem Denkmal: Dass dereinst analog zum geflügelten Wort „Hartz IV“ in Hessen von „Fasbender XV“ die Rede ist.

 

Erschienen Frankfurter Neue Presse vom 9. November 2016

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