Es war nicht unbedingt zu erwarten, aber die Linke sorgt sich tatsächlich um Florian Rentsch, den neuen Wirtschaftsminister von der FDP. Vor wenigen Tagen bereits alarmierte die Linken-Fraktion die Redaktionen: „Wirtschaftsminister Rentsch neu im Amt und schon urlaubsreif!“ Jetzt hat der junge Minister aber nicht sofort die Badehose gepackt und sich in die Ferne oder zumindest an den Edersee aufgemacht, weswegen die Linken gestern nachlegten und sogar präzisierten: „Hessens Wirtschaftsminister reif für die Insel!“
Insel also, da greifen wir doch sofort die frohe Botschaft auf, dass vom Flugplatz Kassel-Calden, dem Heimatflughafen des gebürtigen Kasselaners Rentsch, jetzt schon ganze acht Flüge geplant sind, darunter auch auf so schöne Eilande wie Nordzypern, Sardinien, Island, Jersey.
Halt, genau lesen, erst ab 2013. Das dürfte den besorgten Linken zu spät sein. Dann kommen vielleicht aber 14 Tage Büsum, ins heilsame Nordseeklima, in Betracht, zu denen die Evangelischen Frauen in Hessen und Nassau einladen. Zwar keine Insel, aber von dort geht ein Schiff nach Helgoland. Etwas diskriminierend ist der Hinweis Seniorinnenreise, aber wenn Rentsch (evangelisch) mal nett lächelt, kann er doch als Schwiegermuttertyp mit, oder?
Gar nicht nett hingegen war die Reaktion Rentschs auf einen Brief seines rheinland-pfälzischen Amtskollegen Roger Lewentz. Hatte der SPD-Mann es doch gewagt, sich über die mehr als 200 genehmigten Nachtflüge am Frankfurter Flughafen im Mai zu beschweren. Da hat der Rentsch dem Lewentz aber die Leviten gelesen. Vielmehr sei es doch so, dass hessische Bürger mittlerweile Fluglärm in der Nacht wahrnehmen, der von lauten Maschinen am Flughafen Hahn in Rheinland-Pfalz verursacht werde. Also solle er, Lewentz, sich doch gefälligst um Lärmminderung in seinem Verantwortungsbereich kümmern.
Da tut wohl allen Hitzköpfen Urlaub gut, Füße hoch legen und etwas runterkommen. Und tatsächlich hört Rentsch auf die Linken, hätten wir genauso wenig gedacht. Er fährt auf eine (Nordsee-)Insel. Vorsichtshalber wollen wir noch an die Kampagne von Sozialminister Stefan Grüttner erinnern: Schatten, Shirt & Sonnencreme.
Der gleiche Rat gilt im übrigen für andere im Landtag ebenso. In den letzten drei Sitzungstagen vor den Parlamentsferien wird noch einmal so richtig Krawall um des Krawalls willen produziert: Da rufen die Grünen einen Setzpunkt „Chaotisches Regierungshandeln unter Volker Bouffier“ auf. Dessen CDU-Fraktion kontert kurz darauf: „Chaotisches Oppositionsgebaren unter Tarek Al-Wazir“. Herrschaften, geht’s noch? Alle Mann überreif für die Insel, Sonnenhut nicht vergessen!
Und was bitte soll das denn? Da reicht die CDU eine Aktuelle Stunde ein mit dem Thema „Hessen fiebert bei der EM: Patriotismus und Unterstützung der deutschen Nationalmannschaft schließen sich nicht aus!“ Und nur, weil der Bundesverband der Grünen Jugend angesichts der allgegenwärtigen schwarz-rot-goldenen Fahnen „Patriotismus? Nein danke“ krakeelt hat. Sind halt bekloppt. Dumm nur für die Streit suchenden Christdemokraten, dass sich der hessische Ableger des grünen Junggemüses sofort davon distanziert und zum Flagge zeigen für Jogis Jungs aufgerufen hat. Aber warum denn so ein ergiebiges Theaterdonnerthema sausen lassen?
Ich sag ja, alle urlaubsreif. Ich auch, Barkewitz am Mittwoch macht Sommerpause.
Erschienen Frankfurter Neue Presse vom 27. Juni 2012