Eine will, eine nicht

Heute ist mal wieder Girls Day, der Tag also, an dem junge Frauen für technische und naturwissenschaftliche Berufe begeistert werden sollen. Aus diesem hehren Grund will auch ich mich an dieser Stelle zweier junger Damen annehmen, die zwar nicht in technischen, aber in politischen Jobs wirken. Auch innerhalb der Parteien wird ja häufig die Männerdominanz kritisiert, womit das eigentliche Anliegen des institutionalisierten Mädchentages dann doch wieder gewürdigt ist.

Die beiden jungen Frauen lassen sich, betrachtet man die mutmaßlichen weiteren Karriereverläufe, wie folgt charakterisieren: Die eine will noch mehr, die andere will nicht mehr. Letztere ist die aus Wiesbaden stammende CDU-Bundestagsabgeordnete Kristina Schröder, die bis heute noch erschrocken zu sein scheint, von Kanzlerin Merkel im Jahre 2009 tatsächlich zur Bundesfamilienministerin ernannt worden zu sein.

Schröder, geborene Köhler, musste am Sonntag in der Bild lesen, sie wolle nach der Bundestagswahl nicht mehr Ministerin, sondern nur noch Mutter sein. Und schon gehen die bizarren Deutungen los. Hat die 35-Jährige dies selbst an die Medien lanciert, um einen vermeintlich selbstbestimmten Abgang vorzugaukeln, weil Mutti Merkel sie ohnehin nicht für ein neues Kabinett berücksichtigen würde? Oder waren es ihre lieben Parteifreunde aus dem hessischen CDU-Landesverband, die der ungeliebten Kollegin schaden wollten?

Dies unterstellt nicht nur die zweite junge Dame, um die es hier gehen soll: Angela Dorn von den Grünen. Die 30 Jahre alte Psychologin hat sich am Wochenende ganz ambitioniert als Spitzenkandidatin auf die Landtagswahlliste ihrer Partei wählen lassen. Und wissen Sie was? Die hat sogar schon zwei Töchter. Schröder hingegen geht bereits nach einem Kind.

Ausgerechnet Angela Dorn, deren Partei nie ein gutes Haar an der hilflosen Familienpolitik Schröders gelassen hatte, weinte dann Krokodilstränen: Stillos und unwürdig sei der Umgang der Hessen-CDU mit Schröder. Jaja, da halten die Girls wieder zusammen.

Eine sehr seltsame Interpretation zur Spitzenkandidatin Dorn wählte übrigens die FDP: Sie sei eine reine Alibifrau. Ausgerechnet bei den Grünen, die ihre Wahllisten stets hälftig mit Weiblein und Männlein füllen? Das nennt man wohl eine Retourkutsche für die Kritik an der FDP, weil die Liberalen es auf ihrem Parteitag eine Woche zuvor wieder nicht geschafft haben, Frauen in nennenswerter Zahl auf ihre Liste zu hieven.

Retourkutschen gab es auch zuhauf zuvor für den Wurstfabrikanten und FC-Bayern-Präsidenten Uli Hoeneß. Der selbsternannte Saubermann musste sich selbst als Steuerbetrüger anzeigen, was natürlich auch Hessens Politiker nicht schweigen ließ. Schon gar nicht den Eintracht-Fan und FDP-Vorsitzenden Jörg-Uwe Hahn: Es gehört schon eine große Portion Selbstgefälligkeit dazu, sich über Jahre zur moralischen Instanz des deutschen Sports aufzubauen und zeitgleich den Fiskus zu hintergehen, sagte er der Welt.

Dies sieht Willi van Ooyen von den Linken zwar grundsätzlich genauso, ging Hahn aber gleichzeitig wegen vermeintlichen Versagens von Schwarz-Gelb gegen Steuerbetrüger an. Und er konnte sich natürlich nicht den Seitenhieb auf den Abgeordneten Leif Blum in Hahns FDP-Landtagsfraktion verkneifen, der jüngst zu einer Geldbuße verdonnert wurde – wegen Steuerhinterziehung.

Vom einst weltmeisterlichen Kicker Hoeneß flanken wir noch kurz zu den Landtagskickern, die auch wieder auf den Anstoß warten. Na gut, dass die Parlamentarier in Stutzen ihre Fußballspiele meist verlieren, ist ja nicht so schlimm. Aber muss denn der heutige Gegner TSV Pfungstadt deswegen gleich als Zeichen absoluter Geringschätzung lediglich seine Faustballmannschaft aufs Spielfeld schicken?

 

Erschienen Frankfurter Neue Presse vom 24. April 2013

 

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