Will Gott die Börsen-Fusion?

Wissen Sie was? Ich glaube, das mit der Fusion der Deutschen und der Londoner Börse hat sich schon erledigt. Vor allem der hierzulande äußerst umstrittene Umzug der geplanten Dachgesellschaft – also letztlich des Hauptsitzes – in die britische Hauptstadt. Obwohl die London Stock Exchange ja der kleinere Partner ist – womit dann „der Schwanz mit dem gesamten Hund“ wedeln würde, wie es der FDP-Fraktionsvorsitzende Florian Rentsch auszudrücken beliebte. Warum ich das glaube?

Nun, am Freitag gefiel es Carsten Kengeter, dem Vorstandsvorsitzenden der Deutschen Börse, dem künftigen Chef der neuen Super-Börse, dem auch privat ausgesprochen London-affinen Mann, ein Interview in der „FAZ“ zu veröffentlichen. Mit beschwichtigenden Worten, warum trotz des Wechsels der Schaltzentrale vom Main an die Themse alles ganz toll in Frankfurt und Eschborn bleiben werde.

Oha, da schlugen die Presse-Abteilungen von Schwarz-Grün aber geballt zu. Während von dort dazu anfangs kaum Reaktionen zu verzeichnen waren, ging es am Freitag Schlag auf Schlag, Mitteilung folgte auf Mitteilung:
⋅ 10.57 Uhr: Die Grünen-Fraktion mit der Überschrift: „Fusion darf nicht zulasten des Finanzplatzes Frankfurt gehen“
⋅ 12.09 Uhr: Die CDU-Fraktion: „Alles spricht für Frankfurt als Sitz der Börsenholding“
⋅ 13.33 Uhr: Die Staatskanzlei: „Landesregierung steht für die Zukunftsfähigkeit des Finanzplatzes Frankfurt“.

Und da redete nicht die zweite Reihe. Für die Grünen sprach der Landesvorsitzende Kai Klose, „wirtschaftspolitischer Sprecher“ der Landtagsfraktion, für die CDU deren Fraktionsvorsitzender Michael Boddenberg, und auch Ministerpräsident Volker Bouffier erhob die Stimme.

Wenn ich mir die drei Verlautbarungen so anschaue, dann ist eigentlich klar: Das war’s mit dem geplanten Exodus aus Frankfurt.

Auch wenn grundsätzlich einiges für eine Fusion spreche, denn nur wenn die Börse ihre starke Position bewahren könne, seien auch die Arbeitsplätze in Frankfurt sicher, so hob Bouffier doch ausdrücklich die „herausragende Bedeutung der Deutschen Börse für den Finanzplatz Frankfurt“ hervor. Ob das Land seine Aufsichtspflichten für die öffentlichen Aufgaben des Wertpapierhandels erfüllen könne, wenn der Sitz der Holding in Großbritannien liege, sei fraglich – „deshalb wäre es wünschenswert, wenn der Sitz der Holding in Frankfurt wäre“. Zack!

Ähnlich CDU-Fraktionschef Boddenberg: „Die logische Konsequenz aus der Eigentümerzusammensetzung müsste sein, dass der Sitz der künftigen Börsenholding Frankfurt ist.“ Zack!

„Für uns in Hessen sind die Attraktivität und Bedeutung des Finanzplatzes Frankfurt und die Arbeitsplätze, die direkt und indirekt von der Börse abhängig sind, entscheidend – und da sind noch viele Fragen offen“, so der Grüne Klose. Zack!

So, und jetzt – mit diesen frommen Wünschen im Nacken – viel Spaß beim Prüfen der Fusions- und Umzugspläne, Herr Wirtschaftsminister Al-Wazir!

Landespolitische Bedenken, Minister-Entscheidungen – Börsen-Chef Kengeter scheint allerdings in ganz anderen Sphären zu denken: „Die Fusion ist gottgewollt“ hat er laut „FAS“ in einer Mitarbeiterversammlung gesagt.

Um Gottes willen!

 

Erschienen Frankfurter Neue Presse vom 23. März 2016

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