Wer weiss den besten Rat?

Was tun die Damen und Herren Minister denn da gerade? Wetteifern um den Titel „Wer hat den besten Verbrauchertipp“? Nun, von Amts wegen ist dafür zunächst mal Priska Hinz von den Grünen zuständig, die neben Umwelt, Klimaschutz und Landwirtschaft auch noch den Verbraucherschutz verwaltet. Bis jetzt. Gerade schickt sich nämlich noch wer an, den Verbraucher mit klugen Ratschlägen zu beglücken, ihn vom Volldepp zum vollumfänglich informierten Konsumenten zu formen.

Doch bleiben wir zunächst bei Ministerin Hinz. Aus ihrem Hause erreicht uns wöchentlich der Hinweis auf die Webseite „verbraucherfenster.hessen.de“, die uns montags bis freitags Hilfe in allen Lebenslagen bietet. Gestern war dies beispielsweise „Soja – Gutes aus der Bohne?“, am Donnerstag wird der gute Rat „Vernachlässigte Klassiker: Wildkräuter“ lauten. Hört, hört!
Doch nun werden wir auch noch täglich aus dem Finanzministerium mit wahnsinnig wertvollen Tipps versorgt. So wiesen uns am Montag die versierten Mitarbeiter von Finanzminister Thomas Schäfer per Twitter darauf hin, doch bitte im Drucker doppelt zu drucken. Eine Packung Druckerpapier mit 500 Blatt verursache nämlich 2,4 Kilogramm CO2. Und jetzt aufgepasst, hier die Conclusio: „Wenn Sie eine Packung Papier doppelseitig bedrucken sparen Sie 2,4 Kilogramm CO2.“

Gestern kam die Aufforderung die Heizung runterzudrehen: Werde die Raumtemperatur nur um ein Grad gesenkt, benötige man sechs Prozent weniger Energie. Ja, Wahnsinn, der Schäfer kann also nicht nur Steuern, sondern auch die Wärme steuern?
Will er gar den Job der Umwelt- und Verbraucherschutzministerin Hinz noch mit übernehmen? Oder sogar noch mehr? Am Freitag diskutiert er nämlich mit Hofheimer Schülern über die Frage „Was bedeutet für mich Europa?“. Europa, das ist doch eigentlich Sache der Europaministerin Lucia Puttrich, die sich zu diesem Thema gestern extra durch eine Regierungserklärung im Landtag arbeitete, oder?

Was will so ein Finanzminister wohl werden, der offenbar alles kann? Ministerpräsident? Ach lassen wir dieses Thema lieber, Amtsinhaber Volker Bouffier macht ja nicht den Eindruck abtreten zu wollen. Das erinnert am Ende zu sehr an die Posse im Bayernland, wo ein Finanzminister auch gerne Ministerpräsident werden will und nicht zum Zuge kommt. Wobei Schäfer ja schon etwas gegrummelt haben dürfte, als sein bayerischer Amtskollege Markus Söder jüngst (nachdem Horst Seehofer erklärt hatte, jetzt doch Ministerpräsident bleiben zu wollen) sich in die Brust geworfen hatte, er sei der „erfolgreichste Finanzminister aller Bundesländer“. Pah, der Söder?

Aber zurück zu Wildkräutern, Soja und doppelt bedrucktem Druckerpapier. Mir schwirrt schon der Kopf von all den guten Ratschlägen, das muss ich mir unbedingt alles merken, besser noch: umsetzen! Aber halt, stimmt das auch wirklich alles?

Denn da warnt nun wiederum die Ministerin Hinz vor dem „Phänomen Fake News“: Gefälschte Produktbewertungen oder vermeintlich seriöse Testberichte im Internet täuschten Verbraucher immer häufiger. Deshalb sollten die entsprechenden Plattformen im Netz falsche Einträge auf Aufforderung hin löschen müssen.

Im Internet. Hm, vielleicht kann Schäfer da ebenfalls helfen? Er ist ja auch noch „CIO“ in Hessen – Chief Information Officer!

 

Erschienen Frankfurter Neue Presse vom 3. Mai 2017

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