Sportwetten zur WM

Finale, oho! Finale, ohohoho! Die Landtagself hat gestern mal wieder gekickt – und ausnahmsweise nicht verloren. Ein knappes 3:2 auf dem Hessentag in Bensheim gegen die Fußballer des Hessischen Behinderten- und Rehabilitiations-Sportverbands. Weitaus mehr erwartet unsere Ministerriege offenbar von der deutschen Nationalmannschaft. Jogi Löws Rekonvaleszententruppe weilt bereits in Brasilien. Morgen schreiten die Gastgeber zum Anstoß, am kommenden Montag sind die deutschen Kicker dran.

Finale, oho! Finale, ohohoho! Weniger soll es nicht sein, meint ganz forsch Finanzminister Thomas Schäfer und erinnert an alte deutsche Tugenden: „Die deutsche Mannschaft ist eine Turniermannschaft – sie wird sich noch steigern, und am Ende kommen wir ins Finale.“ Sozialminister Stefan Grüttner hat sich sogar schon auf den Endspielgegner festgelegt: „Deutschland kommt ins Finale gegen Argentinien, und wenn wir schon im Finale sind, dann gewinnen wir es auch!“ Aber hallo!

Die Variante „Wenn schon Finale, dann gehört der Cup auch uns“, fahren im Übrigen auch die beiden Damen Priska Hinz und Lucia Puttrich. Europaministerin Puttrich sieht uns beispielsweise in einem „schweren Halbfinale“. Wäre schön, wenn es zum Finale langen würde, „aber wenn wir drin sind, werden wir auch Weltmeister“! Umweltministerin Hinz ist da noch ein klein wenig vorsichtiger. Sie hofft auf „mindestens Halbfinale“, aber wenn es zum Endspiel reichen sollte, „dann bestehen gute Chancen auf die Weltmeisterschaft.“

Da ist es immer wieder, dieses ominöse Wort Halbfinale. Da kommen böse Erinnerungen aus den vergangenen Jahren hoch: Aus gegen Italien im WM-Halbfinale 2006, Aus gegen Spanien in der Runde der letzten Vier bei der WM 2010, Aus gegen Italien bei der EM 2012 – natürlich im verfluchten Halbfinale.

Wirtschaftsminister Tarek Al-Wazir mag das Wort deshalb gar nicht erst in den Mund nehmen und stapelt etwas tiefer: „Viertelfinale ist geradezu Pflicht. Alles weitere wäre ein großer Erfolg.“

Auch Wissenschaftsminister Boris Rhein denkt erst einmal nur bis zum Semifinale – „nicht zuletzt wegen der Verletzungsmisere eine riesige Herausforderung für Jogis Jungs.“ Der Gegner dort steht für Rhein aber fest: Brasilien, „danach werden wir weitersehen.“ Und ganz besonders drückt er „natürlich unserem Hessen Shkodran Mustafi die Daumen“.

Auch Justizministerin Eva Kühne-Hörmann setzt große Hoffnungen auf den gebürtigen Bad Hersfelder, der beim italienischen Club Sampdoria Genua kickt. Einen konkreten Tipp hat sie nicht auf Lager, aber „so langsam setzt das Kribbeln ein. Ich freue mich auf viele gute Spiele der Nationalmannschaft. Besonders fiebere ich natürlich mit unserem hessischen Nationalspieler Shkodran Mustafi aus Bebra mit und drücke alle Daumen.“

Nicht mitmachen in unserer kleinen Tipp-Runde wollte Ministerpräsident Volker Bouffier. Wahrscheinlich argwöhnte er, es handele sich hierbei um eine Sportwette. Und die sind ja bekanntlich nach wie vor nicht ordentlich gesetzlich geregelt. Zum Leidwesen des lotteriepolitischen Sprechers der FDP, Wolfgang Greilich: Mit der geplanten Konzession für genau 20 Wettanbieter laufe auf das hessische Innenministerium „eine Prozesslawine zu“ und Ministerpräsident Bouffier solle die Missstände doch „endlich zur Chefsache erklären“. Also mal lieber keinen Tipp abgeben . . .

Innenminister Peter Beuth, auch für den Sport zuständig, ficht das nicht an: „Deutschland wird Weltmeister“, ist er sich sicher. Und Kultusminister Alexander Lorz spricht’s nicht aus, aber träumt davon: Er hoffe in diesem Jahr genauso überschwänglich und ausgelassen jubeln zu können wie in seiner Erinnerung an die WM ’74: „Das wäre das Allergrößte.“

Wer’s vergessen hat, da wurden wir Weltmeister.

 

Erschienen Frankfurter Neue Presse vom 11. Juni 2014

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