Rosa in Schwarz-Grün-Land

Haben Sie es gesehen, die FDP macht jetzt auf Magenta? Man könnte auch als weniger versierter Farbexperte sagen: Rosa. Oder wie die Nachrichtenagentur dpa so schön formuliert: „Ein Hauch Purpur“. In der Tat nur ein Hauch, die traditionellen Farben Gelb und Blau bleiben auch weiterhin die Wahrzeichen der Freidemokraten. Aber jetzt mit Magenta etwas farbfreudiger. Moderner und sympathischer laut FDP. Rosa – das kommt eben dabei heraus, wenn man ein Frankfurter Mädsche wie Nicola Beer zur Generalsekretärin macht.

Wenn Sie jetzt grübeln, Magenta, da war doch was, . . . ja richtig, das ist die klassische Firmenfarbe der Deutschen Telekom. Ob es nun gerade sinnvoll von den Liberalen war, ausgerechnet diese Farbe auszuwählen, ist vielleicht ein klein wenig zweifelhaft. Denn die T-Aktie des sogenannten Rosa Riesen hat einen ähnlichen Verlauf hingelegt wie die FDP-Wahlergebnisse. Zunächst auf ein Allzeithoch von mehr als 100 Euro geklettert, dann abgestürzt auf zeitweise nur noch acht Euro.

Ähnlich die FDP: Im Bund auf 14,6 Prozent geklettert, in Hessen gar auf mehr als 16 Prozent. Dann der Rauswurf aus dem Bundestag, und im Wiesbadener Landtag mussten die Liberalen bis weit nach Mitternacht zittern, um überhaupt die Fünf-Prozent-Hürde zu meistern. Die T-Aktie ist trotz allem immerhin im Dax verblieben.

Bei der hessischen FDP beherrscht derweil allerdings weniger die neue Parteifarbe das Geschäft, sondern eine weitaus größere Angst treibt Präsidiumsmitglied Oliver Stirböck um: „Hessen darf nicht zur Service-Wüste werden!“

Nein, das wollen wir natürlich alle nicht, was ist da los? Nun, das Bundesverwaltungsgericht hatte im November eine hessische Verordnung gekippt, nach der sonntags Videotheken, Bibliotheken, Call-Center oder Lottoannahmestellen öffnen durften.

Die stammt noch von der früheren schwarz-gelben Landesregierung (sollte es zu einer Neuauflage derselben kommen, müsste ich dann eigentlich Schwarz-Rosa schreiben?). Die schwarz-grünen Nachfolger haben das Leipziger Urteil sofort umgesetzt und die Sonntagsfron beendet.

Jetzt will die Hessen-FDP auf anderem Weg zum Ziel kommen: Die Landesregierung solle doch eine Bundesratsinitiative starten, um das Arbeitsgesetz für mehr Sonntagsarbeit zu öffnen, fordert Stirböck. Ist natürlich auch ein Weg, aber ich prognostiziere jetzt mal, dass Schwarz-Grün die Blau-Magenta-Gelben abblitzen lässt.

Wichtig wäre aber vor allem, dass der entsprechende Antrag ganz penibel und korrekt ausgearbeitet ist, denn da, glaubt man der SPD-Landtagsabgeordneten Angelika Löber, „ist nicht sicher, dass dies derzeit in allen hessischen Dienststellen so gewährleistet ist“.

Deshalb verlangt Löber eine „belastbare und umfassende Erhebung zur Einhaltung der Mindeststandards für die Aktenführung innerhalb der Landesverwaltung“. Dies tut sie nun mittels einer sogenannten Großen Anfrage im Landtag: Mit einem Katalog mit 42 Fragen will die Abgeordnete wissen, wo, wann, warum welche Akten gelagert, gescannt, geführt, revisioniert, gespeichert, abgelegt, kontrolliert werden, und wenn nein, warum nicht, und was das kostet und, und, und. . .

Wissen Sie was? Die armen Subalternen in den Ministerien, die diesen Stuss abarbeiten müssen, haben mein tiefstes Mitgefühl.

Na dann, Prost Neujahr!

 

Erschienen Frankfurter Neue Presse vom 7. Januar 2015

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