Im Wesentlichen gibt es ja derzeit zwei Fragen, die die Gemüter bewegen: Erstens, schmeckt das Frühstücksbrötchen wieder? Und zweitens, sind sie heute zur Arbeit, oder wo auch immer sie hinwollten, gekommen – sofern sie die Reise mit der Bahn antreten wollten?
Sie erinnern sich, da war doch vorige Woche diese Großbäckerei in Frankfurt, die mitsamt ihren 15 Filialen vom Ordnungsamt dichtgemacht wurde, weil die hygienischen Verhältnisse dort, nun ja, sagen wir mal bedenklich waren: Ratten, Mäusekot, Schimmel, tote Tiere und so weiter. Uäh.
Reflexhaft kommt ja dann auch immer der Ruf nach der „Hygieneampel“ oder dem „Internet-Pranger“ oder dergleichen. Bei der SPD-Landtagsfraktion ist das der „Hygiene-Smiley“. Auch schön, oder? Deren backwarenpolitische Sprecherin Angelika Löber verweist auf die „seit Jahren erhobene, weitergehende Forderung der SPD“ nach eben diesem Grinsegesicht. Sollte es bei Hygienekontrollen Beanstandungen im Restaurant oder der Betriebskantine geben, müsse dies beim Betreten des Betriebes für alle Gäste erkennbar sein, verspricht sich Löber von diesem Aufkleber an der Ladentür.
Anlässe gebe es immer wieder, der aktuelle Fall in Frankfurt müsse doch der Landesregierung endlich zu denken geben, so die nachdenkliche Genossin: „Hessens Verbraucher hätten das Recht zu wissen, welcher Betrieb sauber produziere, welche Gaststätte hygienisch einwandfrei sei und welche nicht.“ Und das sei mit dem „Hygiene-Smiley“ doch ein Kinderspiel! Naja, ganz so einfach ist das alles sicher nicht . . .
Der Umweltministerin Priska Hinz von den Grünen macht Löber den Vorwurf, nur „halbherzig“ das Problem anzupacken. Hinz nämlich schiebt das Problem erst einmal auf eine andere Verantwortungsebene: Die Schaffung der gesetzlichen Regelungen zur Einführung beispielsweise einer sogenannten Hygieneampel liege in der Zuständigkeit des Bundes. Aha, der Bund. Aber Hessen habe gemeinsam mit anderen Bundesländern den Bund bereits mehrmals zu einer solchen Änderung aufgefordert, betont Hinz. Immerhin!
Auch wenn eine Veröffentlichung der Schmutzbäcker und ähnlicher Konsorten im Internet von mehreren Gerichten untersagt worden sei, so sei es doch ihr Ziel, Hessens Verbrauchern die Sicherheit zu geben, dass die erworbenen Lebensmittel hygienisch einwandfrei produziert und gelagert werden, betont die Ministerin. Und dazu sei „die Einführung einer Hygieneampel zum Beispiel mit entsprechenden Smiley-Symbolen sehr hilfreich“. Na also, sehen Sie, Frau Löber, da ist die von ihnen gescholtene Ministerin Hinz doch ganz bei ihnen!
Bei der Bahn stehen die Ampeln mal wieder überwiegend auf rot. Nicht wegen Elektronikversagens, sondern weil die GDL-Lokführer nun schon zum achten Mal streiken. So lange wie nie zuvor, wie sich ihr Aufrührer, pardon, Anführer Claus Weselsky freut. Und die Pendler und Reisenden leiden mal wieder unter dem Machtkampf, den die sächselnde Nervensäge mit der größeren Eisenbahnergewerkschaft EVG auf deren Rücken austrägt.
„Die GDL wird zum Standortrisiko – in Deutschland und Hessen“, warnt die Vereinigung der hessischen Unternehmerverbände (VhU). Wer speziell im Rhein-Main-Gebiet sowohl den Güterverkehr als auch den Personenverkehr lahmlege, wahre keinerlei Verhältnismäßigkeit mehr, schimpft deren Hauptgeschäftsführer Volker Fasbender.
Für die Pendler, die nun statt der Bahn das Auto nutzen und womöglich im Stau mit Leidensgenossen stehen, zeichnet sich aber zumindest am Freitag ein kleiner Trost ab: Das Rote Kreuz in Hessen startet dann nämlich die landesweite Aktion „Kaffee für Pendler!“
Eigentlich sollte ja damit an die Geburt des Rotkreuz-Begründers Henry Dunant am 8. Mai 1828 erinnert werden. Dass die Kaffeepause nun ganz anders helfen könnte als gedacht, hat die Rotkreuz-Pressestelle auch bereits erkannt: „Die Aktion war übrigens nicht für gestrandete Pendler geplant – kommt ihnen jetzt aber wahrscheinlich zu gute…“
Erschienen Frankfurter Neue Presse vom 6. Mai 2015