Der Dackel, der Herr, die Dame – in dieser Reihenfolge pflegte die Familie Wagner in den vergangenen Wochen gerne bei gesellschaftlichen Anlässen aufzutreten. Auch gestern kam dieses Dreigestirn, um, ja um der eigenen Verabschiedung beizuwohnen. Christean Wagner, Landrat, Kultusminister, Justizminister und acht Jahre lang Fraktionsvorsitzender der CDU im hessischen Landtag, seit 1991 Landtagsabgeordneter, verlässt tatsächlich das Hohe Haus. Hat er offiziell schon, am 17. Januar war sein letzter Arbeitstag.
Am gleichen Abend hatte Landtagspräsident Norbert Kartmann bereits zu einem Abschiedsempfang für die ausscheidenden Parlamentarier geladen. Aber eben für alle Parlamentarier, auch die der anderer Fraktionen. Also ließ es sich die CDU nicht nehmen, ihren langjährigen Zuchtmeister gestern noch mit einem eigenen Abschiedsempfang zu beehren (ja, und nebenbei auch für die neun weiteren Unionspolitiker, die nicht länger im Parlament vertreten sind). Es spielte auf – für den Dr. jur. Wagner ganz trefflich passend – die „Wiesbadener Juristenband“, bekannt durch den Gassenhauer „Hast Du Riesling in der Blutbahn“. Vielleicht auch deshalb seine „Leib- und Magenband“, wie Wagner bekannte.
So, dann gab es natürlich noch einen Imbiss und – Reden, Reden, Reden. „Gegen Angriffe kann man sich wehren, gegen Lob ist man machtlos“, kokettierte Wagner mit all den Lobpreisungen.
Dabei gab es offensichtlich eine Arbeitsteilung. Wagners Nachfolger auf dem Fraktionssessel, Michael Boddenberg, oblag es, die Ex-Abgeordneten einzeln zu würdigen, während der Landesvorsitzende und Ministerpräsident Volker Bouffier es übernahm, den Berufsstand des Politikers im Allgemeinen und des Landtagsabgeordneten im Speziellen zu würdigen. Und zu verteidigen. Gegen das „Politiker-Bashing“. Das ist so etwas, wie schlecht über Politiker reden. Das unterstellte Bouffier auch meinem Berufsstand: „Wenn wir in der Zeitung lesen, dass wir alle blöd sind, von dunklen Motiven getrieben, und dann auf der nächsten Seite im klugen Kommentar lesen, es bedürfe mehr politischen Diskurses“, ja da passe doch gar nichts, dass sei alles Unsinn und so weiter und so fort. „60-, 70-Stundenwoche. und wofür?“, fragte Bouffier. Na, um Ministerpräsident zu sein, Herr Ministerpräsident!
Wagner sah dies viel entspannter: Trotz des Bildes des Politikers in der Öffentlichkeit – „es gibt für mich keinen schöneren Job“. Tja, jetzt wird er nochmal so etwas wie ein Polit-Berater, der Wagner (Lahntal) – so lautete seine offizielle Listung im Landtagshandbuch. Das war wichtig, denn es gab und gibt dort noch einen zweiten Wagner. Wagner (Taunus), Vorname Mathias, neuer Fraktionsvorsitzender der Grünen. Man stelle sich mal vor, Wagner (Lahntal) hätte noch eine Legislaturperiode drangehängt, dann hätte uns das Duo Wagner & Wagner regelmäßig die Erfolge der schwarz-grünen Koalition verkauft.
Davor bestand die Landesregierung bekanntlich aus Schwarz-Gelb. Und weil es so schön war, war die FDP hochrangig vertreten. Wieder-Fraktionschef Florian Rentsch, der Parlamentarische Geschäftsführer René Rock, Landtags-Vizepräsident Wolfgang Greilich und der damals stellvertretende Ministerpräsident und Justizminister Jörg-Uwe Hahn erwiesen Wagner die Ehre.
Damit war der Ex-Partner stärker vertreten als der neue. Zumindest anfänglich hielt nur Wagner (Taunus) die grüne Fahne hoch. „Nur ein Grüner da, es wächst zusammen, was zusammen gehört“, lästerten prompt die Liberalen.
Ja, wie auch immer, „167 Jahre Parlamentserfahrung scheiden aus“, hatte Bouffier anlässlich des Abgangs der zehn CDU-Abgeordneten errechnet. Das klang nach langen Reden . . .
Und so war es auch. Die Würstchen mussten zu lange im heißen Wasser warten und waren aufgeplatzt. Na gut, sofern er denn eine abbekommen hat, Christean Wagners Dackelwelpe „Nobel“ wird es egal gewesen sein, wie die Würstchen am Ende aussahen.
Erschienen Frankfurter Neue Presse vom 19. Februar 2014