Ausländer zur Kasse, bitte!

AUSLÄNDER! Rums, da haben wir es wieder, das böse Wort zu Wahlkampfzeiten. Roland Koch hatte einst mit der Doppelpass- und später mit der Kriminelle-jugendliche-Ausländer-Kampagne zwei Wahlkämpfe bestritten. Einen mit Erfolg, einen ohne. Dieses Mal ertönt das Reizwort nicht aus Hessen, sondern aus dem Nachbarland Bayern, ausgerufen von Horst Seehofer. Der CSU-Ministerpräsident hätte ja sagen können, er wolle auf jeden Fall die Pkw-Maut durchsetzen. Nein, stattdessen wählt er lieber folgende Formulierung: „Ich unterschreibe als CSU-Vorsitzender nach der Bundestagswahl keinen Koalitionsvertrag, in dem die Einführung der Pkw-Maut für ausländische Autofahrer nicht drin steht.“

Für „ausländische Autofahrer“! Das sitzt. Vox populi treffend aufgenommen, Volksseele und Stammtische bestens bedient. Wer wollte schließlich nicht, dass die Karawane der holländischen Wohnwagen-Gespanne, die vielen Skandinavier auf ihrem Weg in den Süden zum Erhalt der deutschen Autobahnen beitragen. Wir werden ja auch fast überall im europäischen Ausland geschröpft.

Billig wird die Chose allerdings, weil sie der wendige Seehofer kurz vor der Bayern-Wahl am 15. September lostritt, zum anderen, weil das EU-Recht schlicht und einfach und unumstößlich kein Abkassieren nur bei ausländischen Autofahrern erlaubt. „Nichtdiskriminierung“ heißt das im EU-Klartext. Wofür Seehofer natürlich auch keine Lösung weiß. Populismus vom allerfeinsten also.

Tja, und dann tritt Hessens momentaner Oberpopulist Florian Rentsch auf den Plan und – nein, er tut nicht dass, was man angesichts seines jüngsten Vorstoßes der Warnschilder vor Radarfallen denken könnte. Nein, der Verkehrsminister stößt nicht ins gleiche Horn wie Seehofer, sondern erklärt per Pressemitteilung, dessen Vorstoß sei „rechtlich einfach Unsinn“. Im HR legt er noch nach, Seehofers Vorschlag sei ja wohl „nur als humoristisch zu bewerten“, zudem sei es ärgerlich, wie die CSU damit das Sommerloch bereichere. Sagt ausgerechnet der Mann, der das hiesige Sommerloch mit seinen Radarwarntafeln überdeckt hat…

Die SPD versucht sofort, auch Ministerpräsident Volker Bouffier in Sachen Maut bloßzustellen. „Kämpft Bouffier mit Seehofer allein gegen des Rest der CDU?“, fragt Günter Rudolph, der im Falle eines Wahlsiegs der SPD als Verkehrsminister auserkoren ist. Herr Bouffier habe nämlich in der Vergangenheit die Pkw-Maut befürwortet und sich damit gemeinsam mit Seehofer gegen die Linie der Bundes-CDU und Kanzlerin Merkel gestellt, so hat Rudolph im Archiv nachgeschlagen: „Stehen Bouffier und Seehofer beim Pkw-Maut-Alleingang Seit an Seit“?.

Bouffier indes macht gar keinen Hehl daraus, dass er die zusätzlichen Einnahmen für die deutschen Straßen im Allgemeinen und die hessischen Straßen im Speziellen gerne hätte. Aber bitte nicht mittels eines so teuren Systems wie Toll Collect bei den Lastern, sondern mit einer eher einfachen Lösung wie einer Vignette – und natürlich ohne die deutschen Autofahrer zusätzlich zu belasten. Wie das gehen soll angesichts der EU-Vorgaben? „Ach, so schwer wird es doch nicht sein, dafür eine Lösung zu finden!“

Aha, dann mal gutes Gelingen. Daran beißen sich nämlich schon seit Jahren Politiker – nicht nur in Deutschland – die Zähne aus, bislang vergeblich. Am Ende kommt es doch wie immer, die Pkw-Maut wird eingeführt und die deutschen Autofahrer zahlen natürlich auch.

 

Erschienen Frankfurter Neue Presse vom 14. August 2013

 

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