Auf Namenssuche

So, heute muss ich zunächst einmal mit einer Solidaritätsadresse beginnen. Und zwar an die Kollegen vom „Darmstädter Echo“. Da haben doch tatsächlich Staatsanwaltschaft und Kriminalpolizei „Geschäfts- und Nebenräume der Echo Zeitungen GmbH gemäß §103 Strafprozessordnung“ durchsucht. Und warum? Weil die Behörden den echten Namen eines Lesers finden wollten, der unter einem Decknamen auf der Internetseite des Blattes die geistigen Fähigkeiten zweier Amtsleiter der Gemeinde Mühltal wegen einer obskuren Baumaßnahme angezweifelt hatte.

Und deswegen wird gleich die ganze Redaktion hops genommen? „Die erste Durchsuchung der Polizei in der fast 70-jährigen Geschichte der Echo-Zeitungen überhaupt“, wie deren stellvertretender Chefredakteur nachhaltig erschrocken berichtet! „Ein ungeheuerlicher Vorgang“ beziehungsweise „ein massiver Eingriff in die Pressefreiheit“, schimpfen die Journalisten-Gewerkschaften DJU und DJV.

Wie gut, dass es die wachsame Landtagsopposition gibt. Die sogenannte rechtspolitische Sprecherin der SPD-Fraktion, Heike Hofmann, mahnte umgehend, „die Presse- und Meinungsfreiheit sind hohe verfassungsrechtliche Güter“. Das Justizministerium müsse nun unverzüglich im zuständigen Ausschuss aufklären, aufgrund welcher Rechtsgrundlage, welches gerichtlichen Beschlusses und mit welcher Sachentscheidung die Staatsanwaltschaft Darmstadt im konkreten Fall tätig geworden sei, verlangte Hofmann in einem offenen Brief an die zuständige Ministerin Eva Kühne-Hörmann.

Und dann gibt es anders als im Bundestag im hiesigen Landtag ja noch die FDP, die Partei der Bürgerrechte. „Wir als Liberale bekennen uns deutlich zur Pressefreiheit als ein hohes und schützenswertes Gut unserer freiheitlich-demokratischen Grundordnung“, erklärte Fraktionschef Florian Rentsch. „Aus diesem Grund sind wir“, also die FDP, so Rentsch, „auch der Überzeugung, dass sämtliche staatsanwaltliche Maßnahmen gegenüber Medienunternehmen immer strengstens dem Prinzip der Verhältnismäßigkeit unterliegen müssen.“ Deshalb werde seine Fraktion „einen Berichtsantrag einbringen, der vor allem auf die Klärung der Verhältnismäßigkeit des Vorgehens von Polizei und Staatsanwaltschaft abzielt“. Auf den Bericht sind wir mal gespannt!

Jaja, die FDP. Wenn es gerade nicht um den Schutz der Pressefreiheit geht, beschäftigt sich die Partei ja auch gerne mit sich selbst. „FDP-Vize will neuen Namen“, war beispielsweise so eine Meldung am Wochenende, die mich aufhorchen ließ. Also wenn ich Strack-Zimmermann hieße und dann auch noch Marie-Agnes – also einen doppelten Doppelnamen trüge – würde ich wohl auch einen neuen Namen wollen.

Aber das hatte ich falsch verstanden. Die stellvertretende Bundesvorsitzende will ihre ganze Partei umbenennen! Die FDP soll also nicht mehr FDP heißen! Natürlich eine Schnapsidee, was soll denn dabei rauskommen? FDP gleich Frühere Deutsche Partei, oder was? Kopfschütteln auch bei der hiesigen FDP. „Eine Namensänderung ist nicht Linie der hessischen Liberalen“, heißt es offiziell aus dem Landesverband.

Gänzlich ohne Linie spielte ja wohl am Montagabend unser Nationalkicker Shkodran Mustafi aus Bebra im Achtelfinale gegen Algerien, oder? Sorry, ein kleiner Schlenk zur Fußball-WM muss dieser Tage einfach sein . . . Schon kurios, als Allerletzter noch nachnominiert und jetzt als Erster wegen Verletzung schon wieder raus aus dem Kader. Und das, obwohl ihm unsere Minister Eva Kühne-Hörmann und Boris Rhein vor drei Wochen an dieser Stelle doch ausdrücklich die Daumen gedrückt hatten!

So, ich muss jetzt mal Schluss machen, es klopft gerade an der Redaktionstür. Ich fürchte, Frau Strack-Zimmermann fühlt sich beleidigt und hat Staatsanwaltschaft und Polizei alarmiert . . .

 

Erschienen in der Frankfurter Neuen Presse vom 2. Juli 2014

%d Bloggern gefällt das: